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Rettung noch möglich?

Neue Details im Kampf um 30 Millionen Euro: Die SAD ist zweifelsohne Eigentümerin der Busse und hat die Fahrzeuge bisher immer zum Marktwert verkaufen können. Paul Köllensperger machte bereits vor zwei Jahren auf das Thema aufmerksam – vor Gatterers SAD-Einstieg.

von Heinrich Schwarz

Der Streit um die Busse im öffentlichen Nahverkehr hat hohe Wellen geschlagen. Schließlich geht es um einen riesigen Betrag an Steuergeldern. Behält SAD-Chef Ingemar Gatterer Recht, hat das Land der SAD theoretisch 30 Millionen Euro geschenkt. Gatterer erklärte vor einer Woche:

„Der gesamte mit öffentlichen Mitteln angekaufte Buspark gehört der SAD AG. Das Land Südtirol hat SAD über Jahre hinweg Millionen an Fördermitteln für Investitionen in Busse zur Verfügung gestellt und als Gegenleistung lediglich den zweckdienlichen Einsatz dieser Fahrzeuge vorgeschrieben. Der Marktwert dieser mit Steuergeld getätigten Investitionen steht jedoch der SAD AG zu. Ein möglicher neuer Betreiber muss demnach an SAD geschätzte 30 Millionen Euro Ablöse zahlen, um den Buspark übernehmen zu können.“

Gatterers grobe Rechnung: Die rund 300 Busse der SAD haben einen durchschnittlichen Marktwert von 100.000 Euro, womit sich 30 Millionen Euro ergeben.

Die TAGESZEITUNG hat recherchiert, dass alle Busse im SAD-Fuhrpark zu 100 Prozent mit Beiträgen des Landes finanziert wurden. Der letzte große Ankauf erfolgte Ende 2013 mit 99 gelieferten Bussen und Kosten von über 24 Millionen Euro.

Die Verantwortlichen beim Land wiesen die Aussagen von Ingemar Gatterer zurück. Ohne ins Detail zu gehen, wurde erklärt, dass die öffentlich finanzierten Busse laut den geltenden Gesetzen kostenlos an die eventuellen neuen Betreiber der Busdienste – die SAD könnte viele Linien bei der Neuausschreibung verlieren – zu übertragen seien.

Die Frage, was mit den Bussen bei der Neuausschreibung passiert, tauchte bereits vor über zwei Jahren auf. Im Rahmen der Diskussionen zum neuen Landesmobilitätsgesetz vom November 2015 sprach Paul Köllensperger, Landtagsabgeordneter der 5-Sterne-Bewegung, das heikle Thema an. Das war noch kurze Zeit vor der Übernahme der SAD durch Ingemar Gatterer.

„Ich fragte Mobilitätslandesrat Florian Mussner bereits 2015 im Plenum während der Diskussion und dann Anfang 2016, ob er sich so sicher sei, dass er von der SAD im Falle des Konzessionsverlustes die Busse gratis zurückbekommt. Immerhin steht auf dem ‚libretto‘ die SAD als Besitzer. Die Antworten von Mussner waren schwach, aber das Thema war sehr wohl bekannt“, sagt Köllensperger.

Der TAGESZEITUNG liegen die Dokumente und Wortprotokolle von damals vor. Auf die Frage nach dem Eigentum der Busse bestätigte Mussner: „Die Busse sind im Eigentum des Konzessionärs, wie es im Artikel 15 des Landesgesetzes Nr. 16/85 vorgesehen war.“

Und auf die Frage, was mit den Bussen bei einem Verlust der Konzession passiert, erklärte der Landesrat: „Die Busse müssen, sofern sie noch nicht voll abgeschrieben und aus der Linie entnommen worden sind, was von der Landesverwaltung genehmigt werden muss, dem neuen Dienstanbieter übertragen werden, wie es im Artikel 17 Absatz 3 des neuen Landesgesetzes Nr. 15/2015 auch festgeschrieben ist.“

Köllensperger warf ein, dass die SAD-Busse allesamt auf Grundlage des alten Landesgesetzes von 1985 finanziert wurden. Das neue Landesgesetz könne rückwirkend kaum anwendbar sein. Von Florian Mussner kam daraufhin eine recht schwammige Antwort.

Auch Ingemar Gatterer betonte vergangene Woche, dass für die gesamten alten Förderungen das alte Landesgesetz zähle und das neue deshalb nicht anwendbar sei.

Die TAGESZEITUNG hat sich das aktuelle Landesgesetz genauer angesehen und erkennt darin auch keinen Passus, der das Problem sanieren könnte. Im Gegenteil. Es heißt: „Die Güter werden zum Marktpreis abzüglich der Kapitalbeiträge für die nicht abgeschriebenen Investitionen abgetreten.“

Nun ist es bei der SAD so: Alle Busse haben eine Abschreibungs-Laufzeit von fünf Jahren, obwohl sie in der Regel mindestens zwölf Jahre für den öffentlichen Nahverkehr in Südtirol genutzt werden können. Demnach sind praktisch alle SAD-Busse mit Ende 2018, also bei Ablauf der Konzession, vollständig abgeschrieben. Damit sind bis dahin auch die Kapitalbeiträge kompensiert. Das heißt, die SAD könnte ihre Busse zum Marktpreis verkaufen. Von kostenloser Übertragung steht im Gesetz nichts.

Ingemar Gatterer bestätigt diesen Gedankengang auf Nachfrage und betont: „Ein Bus, der für 220.000 Euro gekauft wird, ist nach fünf Jahren abgeschrieben und hat einen Marktwert von mindestens 100.000 Euro. Dieser Wert steht SAD zu.“

Der Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger sieht die Sachlage so: „Wenn schon ist das alte Landesgesetz die Rettung, nicht das Mobilitätsgesetz von 2015.“ Im alten Gesetz gibt es einen Passus, der in der Tat so interpretiert werden kann, dass die mit Landesbeiträgen gekauften Busse gratis an den nachfolgenden Konzessionär zu übertragen sind. „Ich würde das als Land genau so auslegen“, sagt Köllensperger, „allerdings hat sich die SAD im Jahr 2005 in einem Präzedenzfall mit dem Erlös aus dem Verkauf der abgeschriebenen Busse eine Kapitalerhöhung bezahlt. Und das Land hat nichts dagegen gesagt.“

Die Sache mit den früheren Verkäufen von alten Bussen wird von Ingemar Gatterer bestätigt: „SAD hat in den letzten 30 Jahren alle Marktwerte der mit Landesbeitrag angekauften Güter einbehalten. Die Landesverwaltung hat diesen Umstand aufgrund des Landesgesetzes auch immer akzeptiert. Der aktuelle Fuhrpark hat einen Marktwert von 30 Millionen Euro. Der Betrag kann nun verhandelt werden – in jedem Fall handelt es sich um einen bedeutenden Betrag.“

Angesprochen auf den von Paul Köllensperger genannten Passus im alten Landesgesetz, der das Land retten könne, erklärt Gatterer, dass dieser für den konkreten Fall nicht anwendbar sei. Der Passus gelte nur, wenn der Konzessionär den öffentlichen Busdienst nicht mehr weiterführen will und ihn somit einstellt. Mit dem Ende der Konzession – im November 2018 wird es soweit sein – habe der Passus nichts zu tun.

Die TAGESZEITUNG hat sich auch bei den Landesverantwortlichen umgehört. Sie sehen genauso wie Paul Köllensperger den Passus im alten Gesetz als Rettungsanker und sind sehr wohl der Auffassung, dass dieser bei Ablauf der Konzession anwendbar ist.

Wieder einmal geht es zwischen SAD und Land also um eine unterschiedliche Rechtsauslegung. Entsprechend heißt es beim Land: „Die SAD wird gegen jegliche Maßnahme Rekurs einlegen. Am Ende wird also ein Richter entscheiden.“

Verwiesen wird vonseiten des Landes auch auf einen anderen Passus im alten Landesgesetz: Der gesamte zugewiesene Landesbeitrag werde widerrufen, wenn ein Bus ohne Bewilligung veräußert oder nicht für den öffentlichen Nahverkehr verwendet wird.

Paul Köllensperger meint derweil zum Kampf um die Steuergelder: „Es ist unglaublich, dass das Land der SAD so lange alles finanziert hat, ohne die Besitzverhältnisse klar zu definieren. Ich finde es daher auch unklug, dass man Gatterer die 250 Millionen Euro der Verlängerung der Zug-Konzession gegeben hat, statt hier nur provisorisch zu verlängern. Das wäre das richtige Druckmittel dem Gatterer gegenüber gewesen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (18)

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  • criticus

    Vorstadtpolitiker Teil 3: An der Eingangstür beim Amt für Mobilität hängt ein Plakat worauf geschrieben steht: Politiker sind Menschen, die uns helfen Probleme zu bewältigen, die wir ohne sie nicht hätten. Der Mussner hüpft nun vor Wut auf seinem vom Luis geschenkten Fernglas herum und flucht auf grödnerisch.

  • erich

    Köllensberger ist der einzige Oppositions Politiker, der Rest begnügt sich mit der Spielwiese zwischen, Doppelpass, Flüchtlinge und Käfer zählen.

  • sougeatsnet

    Ein Lob an die Tageszeitung für das Aufzeigen des Falls und ein Hoch an unsern Paul Köllensberger. Er ist offensichtlich der einzige Lokalpolitiker, welcher seinen Auftrag ernst nimmt. Wo ist die Kontrollfunktion der restlichen Opposition, von den Vertretern unserer SVP kann man sowieso nichts verlangen, diese scheinen die unverschämt hohe Pension zu genießen.
    Was Herr Gatterer von sich gegeben hat, schlägt jedem Fass den Boden aus. Wenn dies die neue Unternehmerkultur ist, dann gute Nacht. Aber unsere, ach so christlichen politischen Rentner, leben dies ja vor. All diesen sind die Millionen auf dem Konto lieber, als moralische Grundsätze. Letztlich sind es aber die Wähler, welche diese Frauen und Herren wählen. Kurz: wir haben wohl nichts besseres verdient.

  • sepp

    gib nur oan Politiker in Südtirol wos arbeitet des isch do köllensberger du den SVP lern ischs gleich wens zum prozzesen kommt zahlen ja die Steuerzahler dieherrn dei solche verträge unterschreiben sollen zur rechen schaft gezogen weren und bezahlen müssen

  • prof

    Ich würde Wetten,daß zuletzt der Gatterer nachgeben muss. Wie ist eigentlich die Geschichte mit der toten Katze ausgegangen?

  • prof

    ahaa,Köllensperger hatte die nötige Zeit um die Details selbst zu überprüfen,glaubst du wirklich daß LH Kompatscher die Zeit hat alles ganau zu überprüfen? Er muss sich auf seine Mitarbeiter verlassen die für ihm alles überprüfen.Ja und der Gatterer hat seine Anwälte und Hintermänner die ihn beraten. Ich Wette daß Gatterer zuletzt nachgeben muß. Wie ist eigentlich der Streit mit der toten Katze ausgegangen?

  • prof

    ahaa
    Leute wie du ,die den LH Kompatscher beleidigen und dies Anonym tun sind zu verachten,oder hast du eventuell die Courage den LH persönlich mit den Wort Lügenbeitl zu betiteln?
    I

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