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Ohne Wohnung

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Obwohl ihr Asylantrag angenommen wurde und sie teilweise unbefristete Arbeitsverträge haben, finden Flüchtlinge in Südtirol ohne Hilfe kaum eine Wohnung.

von Lisi Lang

Die Migranten und Flüchtlinge aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren“, lautet das von Papst Franziskus gewählte Motto zum Welttag des Migranten und Flüchtlings. Ein Motto, welches sich die Caritas-Auszugsmanagerin Magdalena Windegger auch in den Köpfen der Südtiroler wünschen würde, denn hierzulande sei es noch immer mehr als schwierig, Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge zu finden.

Seit März 2016 bietet die Caritas das Auszugsmanagement an. Eine Hilfe für Flüchtlinge, deren Asylantrag bewilligt wurde und die aus diesem Grund das Flüchtlingsheim innerhalb von 30 Tagen verlassen müssen. Die Suche nach einer neuen Bleibe und nach einer eigenen Wohnung ist aber alles andere als einfach. „Ohne Hilfe der Freiwilligen hätten diese Menschen auf dem Wohnungsmarkt keine Chance“, weiß Magdalena Windegger. Und auch mit Hilfe finden viele anerkannte Flüchtlinge nur schwer eine Wohnung. „Wir müssen sehr oft Übergangslösungen suchen, bevor eine dauerhafte Wohnmöglichkeit gefunden wird“, erklärt die Auszugsmanagerin der Caritas.

Magdalena Windegger

Die größte Herausforderung für die Freiwilligen bei der Wohnungssuche ist aber nicht der Mietpreis, sondern die mangelnde Bereitschaft an einen anerkannten Flüchtling zu vermieten. „Wenn diese Menschen einer geregelten Arbeit nachgehen, dann haben sie auch genug Geld für die Miete. Aber viele Vermieter wollen einfach nicht an Flüchtlinge oder anerkannte Flüchtlinge vermieten, weil sie Vorurteile hegen und Angst haben“, bedauert die Auszugsmanagerin der Caritas.

Diese Ängste und vor allem die Vorurteile seien aber unbegründet, wie die bisherigen erfolgreichen Umsiedlungen zeigen. „In Bruneck haben vier Männer gemeinsam eine WG angemietet und bisher hat alles problemlos funktioniert“, nennt Magdalena Windegger ein Beispiel. Zudem stehe den Vermietern meist ein Freiwilliger als zusätzlicher Ansprechpartner zur Verfügung. „Diese Wohnprojekte werden in den ersten Monaten noch aktiv von uns begleitet. Wir unterstützen die neuen Mieter beim Mietvertrag, erklären, wie Mülltrennung und andere Regelungen funktionieren und sind eben auch ein Ansprechpartner für beide Seiten“, erläutert Magdalena Windegger.

Die Auszugsmanagerin der Caritas bedauert, dass die Gesellschaft hierzulande zwar Forderungen stellt, wie sich Flüchtlinge intergieren sollen, aber anerkannten Flüchtlingen, die diese Forderungen erfüllen, keine Chance gibt: „Unsere Gesellschaft verlangt, dass Flüchtlinge einer Arbeit nachgehen und die Sprache erlernen, aber selbst dann, wenn diese Bedingungen erfüllt werden, gibt man ihnen keine Chance.“ Die Caritas-Mitarbeiterin nennt ein Beispiel: „In Vintl suchen wir schon seit Monaten eine Wohnung für zwei Herren, die beide einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben – finden aber keine.“ Daher wurden die beiden Männer notgedrungen zwischenzeitlich (seit November) im Pfarrsaal untergebracht.

Der Bedarf an Wohnraum ist in den letzten Jahren angestiegen. Bis April muss das Auszugsmanagement mindestens 20 neue Wohnmöglichkeiten finden – fünf davon für Familien. Mindestens. „Es kann sein, dass jeden Tag neue Anfragen dazukommen, weil Asylanträge bewilligt werden“, betont Magdalena Windegger. Eine neue Regelung der Provinz verschärft diese Situation zudem. „Diese Regelung sieht vor, dass alle Flüchtlinge das Heim verlassen müssen, die sich in einer guten Arbeitssituation befinden“, erklärt Magdalena Windegger. Wer praktisch seit sechs Monaten ein angemessenes Einkommen bezieht und einen Arbeitsvertrag hat, der mindestens noch sechs Monate gültig ist, muss das Flüchtlingsheim innerhalb von drei Monaten verlassen und sich eine eigene Bleibe suchen. Viele dieser Personen wären auch schon früher ausgezogen, da sie es sich finanziell leisten können, weiß Windegger, aber weil sie keine Wohnungen finden, blieb ihnen diese Möglichkeit verwehrt. Selbst jene Personen, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorzeigen können, tun sich auf dem Wohnungsmarkt ohne Hilfe schwer. „Wenn jemand einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommt, heißt das, dass er sich bemüht hat, zuverlässig ist und auch die Sprache entsprechend beherrscht“, ruft die Auszugsmanagerin in Erinnerung. Aber selbst für diese Menschen sei es eine enorme Herausforderung eine Wohnung zu finden.

„Wer ausziehen muss, aber keine Wohnung findet, riskiert wieder auf der Straße zu landen und dadurch auch den Job zu verlieren“, erklärt Magdalena Windegger den Ernst der Lage. Es bestehe daher die Gefahr, dass die Integrationsspirale nicht weiter, sondern wieder zurück laufe. Einmal augezogen ist ein Zurück ins Flüchtlingsheim nämlich nicht mehr möglich.

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