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„Warum ich gehe“


Buchautor und Pestizid-Kritiker Alexander Schiebel verlässt Südtirol. Im Interview spricht der Wahl-Malser über die Gründe – und er beantwortet die Frage, ob die Obstbauern nun aufatmen können.

TAGESZEITUNG Online: Herr Schiebel, Sie haben via Facebook bekannt gegeben, dass Sie im März gemeinsam mit Ihrer Frau und den vier Kindern nach Leipzig ziehen. Eine Entscheidung, die Sie kurzfristig getroffen haben oder etwas, das seit längerem im Raum stand?

Alexander Schiebel: Es ist ein Zusammentreffen von einer Gelegenheit und einem seit langem gereiften Plan.

Warum Leipzig?

Das Jahr 2017 habe ich zur Hälfte in Deutschland verbracht, weil ich bereits an einem neuen Buch und zwei neuen Filmprojekten arbeite, die mich sehr in Anspruch nehmen. Es sind internationale Co-Produktionen. Von Leipzig aus kann ich meinen Beruf viel leichter ausüben. Ich muss nicht jedes Mal über den Reschen fahren.

Handeln Ihre neuen Medien-Projekte auch von Mals und den Pestiziden?

Nicht explizit, aber indirekt schon. Es geht um wirtschaftliche Themen und um die Wurzel der Problematik. Nämlich: wie kommt es dazu, dass die Menschen Umweltzerstörung in Kauf nehmen müssen. Die Bauern in Südtirol sagen zu ihrer Rechtfertigung, dass Pestizide überall eingesetzt werden. Das stimmt auch. Das Problem ist effektiv viel tiefgründiger.

Sind Sie nach all den Polemiken um Ihr Buch „Das Wunder von Mals“ froh Südtirol zu verlassen?

In meiner Brust wohnen zwei Seelen. Die eine denkt an all die vielen Freunde, die ich hier gefunden habe und an die Schönheit der Bergwelt. Diese Seele ist sehr traurig. Die andere Seele ist ein bisschen müde von immer derselben Diskussion. Die Landespolitik hat sich unfähig gezeigt, ein relativ einfach zu lösendes Problem zu managen. Sie hätte nach der Volksabstimmung zum Pestizid-Einsatz nur sagen müssen: Okay, lassen wir die Malser in Ruhe, sie sollen uns zeigen, ob es Alternativen gibt und dann schauen wir weiter.

Auch Ihre Frau und Ihre vier Kinder kommen mit nach Leipzig…

Ja, das ist auch das wirkliche Wichtige an der Entscheidung. Ich möchte nicht so sehr ins Detail gehen, aber gerade meine Familie hat häufig die unangenehmen Seiten des Drucks zu spüren bekommen.

Was sagen Sie dazu, dass auch Agrarlandesrat Arnold Schuler seinen Hof teilweise auf Bio umstellt?

Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und ich werte das als Erfolg. Wenn Schuler als Landesrat biologisch produziert, dann hat das auch symbolischen Wert. Auch wenn es offenbar Schulers Sohn ist, der einen Teil des Betriebs umstellt.

Schiebel verlässt Südtirol und die Obstbauern können nun aufatmen?

Ich werde den Malser Weg weiterhin verfolgen. Es gibt Hunderte von Anfragen für meinen Film, mein Buch „Das Wunder von Mals“ gehört zu den bestverkauften Büchern des Oekom-Verlags und ist bei Amazon in der Rubrik Landwirtschaft unter den Top ten. Das bedeutet: die Südtirol-Werbung wird umdenken müssen, um die klugen Urlauber zufriedenzustellen. Der Druck wird nicht abnehmen, sondern zunehmen.

Eine Drohung?

Ist das eine Drohung? Ich habe nie verstanden, warum Kritik so negativ aufgenommen wird. Nehmen Sie diese Geschichte mit dem „Geo“-Interview von Bürgermeister Ulrich Veith: er hat ein wissenschaftliches Faktum festgehalten; es ist absurd ihm vorzuwerfen, dass er die Landwirtschaft anschwärzt.

Rai Südtirol hat Sie zum Kopf des Jahres gekürt. Geschmeichelt?

Ich werte dies als positives Zeichen. Die Rai hat einen harten Kritiker gewählt. Es ist dies ein Indiz, dass diese neue Diskussionskultur jetzt erwünscht ist.

Interview: Karin Gamper

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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