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„Schmerzen gehören dazu“

Daniel Alfreider (SVP)

Der SVP-Vizeobmann Daniel Alfreider über die historische Verabschiedung des Ladiner-Gesetzes – und über seine Entscheidung, nun doch für den Landtag kandidieren zu wollen.

Tageszeitung: Herr Alfreider, das römische Parlament hat am Mittwochabend mit breiter Mehrheit das Ladiner-Gesetz endgültig verabschiedet. Sie sprechen von einer „historischen Abstimmung“. Warum ist dieses Gesetz so wichtig?

Daniel Alfreider: Ich muss ehrlich sagen, dass ich schon ziemlich aufgeregt war. Ich hatte Angst, dass bei der Abstimmung nicht genügend Abgeordnete in der Aula sein könnten. Zum Schluss ging alles gut. Das Gesetz ist aus zweierlei Hinsicht wichtig: Zum einen war es für uns ein erster Test für die anstehende Reform des Südtiroler Autonomiestatuts. Die Tatsache alleine, dass sich das Parlament mit einem Gesetzentwurf befasst, heißt noch lange nicht, dass dieser auch angenommen wird. Vor allem nicht, wenn es sich um Abänderungen des Autonomiestatutes handelt, denn der Rang des Verfassungsgesetzes verleiht ihnen zwar einen höheren Stellenwert, verlangt aber zugleich ein erschwertes Gesetzgebungsverfahren mit doppelter Lesung in beiden Kammern und absoluter Mehrheit. Ganze zehn Abstimmungen zwischen Abgeordnetenkammer und Senat, Verfassungsausschüsse und Plenum mussten für die Verabschiedung des Gesetzes bewältigt werden. Doch damit nicht genug, denn auch von den Landtagen in Bozen und Trient, sowie vom Regionalrat wurden entsprechende Gutachten eingefordert, alle mit positiver Bewertung. Das zum einen. Zum anderen beinhaltet das Ladiner-Gesetz wichtige Anpassungen für die ladinische Gemeinschaft, es beseitigt die Diskriminierungen der Ladiner im Vergleich zur italienischen und zur deutschen Sprachgruppe.

Wie schwierig war es, das Gesetz durchs Parlament zu bekommen?

Wir mussten ständig auf der Hut sein. Dadurch, dass wir uns ausschließlich auf den Schutz der ladinischen Minderheit bezogen haben, waren sämtliche Abänderungsanträge von Forza Italia unzulässig. Wir haben auch jenen Artikel gestrichen, der erstmals einen ladinischen Richter am Verwaltungsgericht vorgesehen hätte, weil ansonsten die Gefahr bestanden hätte, dass mittels eines Abänderungsantrags der gesamte Artikel zum Verwaltungsgericht aus dem Autonomiestatut eliminiert worden wäre. Auch wenn das für uns Ladiner schade ist, konnten wir ein solches Risiko nicht eingehen. Das politische Klima hätte es nicht zugelassen. Wir werden in einigen Jahren aber sicher wieder einen erneuten Anlauf nehmen.

Welche Änderungen enthält das Ladiner-Gesetz?

Die wichtigste Neuerung ist sicher jene, die erstmals die Möglichkeit vorsieht, dass das Land einen Ladiner in die Sechser- und Zwölferkommission entsenden kann. Bislang war dies nicht der Fall. Ich wurde von der Regierung entsandt, weil ich Graziano Delrio gut kannte. Die Neuerung ist somit eine große Errungenschaft.

Der Grüne Florian Kronbichler sagte vor der Abstimmung, dass er sich von dem Ladiner-Gesetz mehr erwartet hätte …

Wenn Kronbichler nicht so vergesslich wäre, dann könnte er sich noch an seine Worte vom Beginn der Legislatur erinnern. Damals meinte er, es sei nicht der richtige Moment für eine solche Reform, das Land solle erst einmal die Arbeiten des Autonomiekonvents abwarten. Ich sage: In Rom darf man nicht abwarten. Wir haben uns nie von unserem Weg, den wir vor 20 Jahren eingeschlagen hatten, abbringen lassen, obwohl es in dieser Legislatur drei Regierungswechsel gegeben hat. Wer auf den richtigen Moment wartet, ist in Rom fehl am Platz. Wir haben ständig die Blumen am Wegesrand gepflückt – und heute haben wir einen schönen Blumenstrauß in der Hand.

Ist das Ladiner-Gesetz der krönende Abschluss Ihrer parlamentarischen Karriere in Rom?

Absolut nein! Wir haben noch zwei Monate vor uns. Ich gehe jede Aufgabe mit dem gleichen Einsatz an, egal ob es die erste oder die letzte ist.

Sie haben sich dazu entschieden, nun doch für den Landtag und nicht für Rom zu kandidieren. Was hat Sie dazu bewogen?

Es ist wichtig, dass die ladinischen Täler gemeinsam in die Zeit nach der Ära von Florian Mussner gehen. Wir haben gesehen, dass diese Geschlossenheit in Gefahr war, weil die Grödner einen eigenen Kandidaten in die Landtagswahlen schicken wollten. Dadurch hätte passieren können, dass es kein Ladiner in den Landtag schafft. Das hätte ich niemals verantworten können, weil es ein Schaden nicht nur für die Ladiner, sondern für ganz Südtirol gewesen wäre. Auch wenn es eine schwierige Entscheidung war, da es für mich eine Ehre ist, an der Seite eines Karl Zeller zu arbeiten: Die Schmerzen gehören dazu. Doch wir haben eine wichtige Mission vor uns. Wir müssen im kommenden Wahljahr die besten Ergebnisse für Südtirol erzielen, sowohl in Rom als auch in Bozen. In Rom haben wir in dieser Legislatur erfolgreich zusammengearbeitet. Das war nur möglich, weil wir zusammengehalten haben und zu unserem Wort gestanden sind. Das ist für die Italiener etwas Exotisches. Uns bringt es hingegen sehr viel Sympathie ein.

Manfred Vallazza, SVP-Gebietsobmann, will selbst in den Landtag und lässt sich von diesem Weg nicht abbringen. Droht den Ladinern erneut eine Spaltung?

Nein, Vallazza wird nicht als Kandidat der Ladinia, sondern – sollte er die Vorwahlen gewinnen – als Kandidat des Bauernbunds antreten. Wenn wir beide kandidieren, dann wäre das top für Südtirol. Vallazza genießt ein sehr hohes Ansehen unter den Bauern.

Laut neuem Ladiner-Gesetz kann erstmals ein Ladiner LH-Stellvertreter werden. Ist es Ihr Traum, an der Seite von Arno Kompatscher für Südtirol zu arbeiten?

Das eine Thema ist mit dem anderen nicht zu vermischen. Wir haben das Ladiner-Gesetz 2012 eingereicht, also zu einem Zeitpunkt, in dem ich nie daran gedacht hätte, Vize-LH zu werden. Bislang hatten ausschließlich ein Italiener und ein Deutscher die Möglichkeit, LH-Stellvertreter zu werden. Die Ladiner waren a priori ausgeschlossen. Diese Diskriminierung haben wir beseitigt. Ich persönlich stehe weniger auf Titel, sondern mir gefällt es deutlich besser, fürs Land zu arbeiten, egal von welcher Position aus.

Interview: Matthias Kofler

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