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„Haben andere Geschmacksnerven“

Die STF-Landtagsabgeordnete Myriam Atz Tammerle und ihr Mann verlassen nach 20 Jahren ihren Gasthof in Schenna – weil ausländische Köche kein Gröstl zubereiten können.

TAGESZEITUNG Online: Frau Atz Tammerle, nach 20 Jahren müssen Sie das Wirtshaus Thurnerhof in Schenna, welches Sie gemeinsam mit Ihrem Mann geführt haben, schließen. Als Grund führen Sie an, dass es in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden ist, verlässliche und kompetente Mitarbeiter zu finden. Wie genau meinen Sie das?

Myriam Atz Tammerle: Es ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden einheimisches Personal zu finden. Nix gegen ausländische Mitarbeiter, aber es ist eine Tatsache, dass es in traditionellen Betrieben oder beispielsweise auf Almhütten zu einem authentischen Erscheinungsbild dazugehört, wenn einheimisches Personal, welches die heimische Sprache beherrscht, im Gastbetrieb arbeitet. Vor allem im Restaurantbereich ist diese Situation einfach noch einmal schwieriger.

Weswegen?

Bei Bestellungen in Gasthäusern kommt es gerne zu Umbestellungen vonseiten der Gäste und in diesem Moment ist es wichtig, dass die Servicekraft versteht, was die Gäste haben möchten. Auch im Küchenbereich hat sich diese Situation schon vor Jahren zugespitzt. Ich gehe in ein Restaurant, weil ich die Küche schätze. Und gerade in Südtirol, wo Regionalität ständig hervorgehoben wird und regionale Kreisläufe im Mittelpunkt stehen, ist es dann auch wichtig, Köche in der Küche zu haben, die diese Gerichte sowohl von der Rezeptur als auch vom Geschmack zubereiten können.

Sie sagen praktisch, dass es im Bezug auf die traditionelle Küche schwierig ist, gute Köche zu finden?

Nehmen wir als Beispiel die Südtiroler Gasthäuser her: Hier steht regionale Küche im Vordergrund und es wird sehr aufs ganzheitliche Kochen geachtet. Daher ist es wichtig, dass der Koch das gesamte Tier verarbeiten kann und nicht nur die Filetstücke. Ein Koch muss für diese Arbeitsschritte ein bestimmtes Wissen und auch die entsprechende Kompetenz mitbringen. Und diese besonderen Eigenschaften bringt leider nicht jeder Koch mit.

Man könnte diesbezüglich aber auch anmerken, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Viele Betriebe arbeiten mit ausländischen Mitarbeitern, die sehr wohl Bereitschaft zeigen, etwas zu lernen.

Auf jeden Fall und man darf auch niemanden diskriminieren, die Bereitschaft ist sicher da. Aber: Diese Köche kommen mittlerweile häufig aus Indien oder Pakistan und bringen ganz andere Geschmacksnerven und Gewohnheiten mit. Wenn diese Köche dann einen Speckknödel mit Gulasch oder ein Gröstl zubereiten müssen, dann haben sie ganz einfach einen anderen Geschmack. Sie bringen auch ganz andere Kräuter mit und kennen die lokalen Kräuter vielfach nicht. Als Chef müsste man diesen Mitarbeitern dann erst erklären, wie man ein Gröstl oder ein Gulasch macht – und wenn ich einen selbstständigen Koch einstelle, wäre es schon wichtig, dass er selbstständig arbeiten kann.

Sie sprechen aber auch die Zuverlässigkeit an…

In diesem Bereich sieht man, dass das Sozialsystem und die Staatsgesetze es zulassen, dass Mitarbeiter, die eine Probezeit abgeschlossen und einen Vertrag unterzeichnet haben, sich dann aber ständig krankschreiben lassen, nicht besser kontrolliert werden . Dieses Problem kennen viele Gastwirte in Südtirol und ich verstehe nicht, warum in diesem Bereich nicht verstärkt kontrolliert wird. Es werden hier über Monate Gelder ausbezahlt und keiner stellt eine genauere Überprüfung an. Ein Krankenstand steht jedem zu, wenn er gerechtfertigt ist – wenn es aber zu solchen Auffälligkeiten kommt, dass man Mitarbeiter nach Abschluss eines Vertrages über Monate nicht zu Gesicht bekommt, dann ist das schon problematisch.

Das Gastgewerbe ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Vielfach gibt es in Südtirol einfach nicht mehr genug einheimisches Personal, um diese Stellen füllen zu können. Was muss man also tun?

Zum einen werden die Häuser immer größer und der Bedarf an Mitarbeitern wächst und daher muss man vielleicht auch mal überprüfen, welche Ressourcen uns zur Verfügung stehen und wie sehr man in Südtirol noch wachsen kann, wenn man die aktuelle Qualität weiterhin garantieren will. Auch große Häuser leiden darunter, wenn sie Mitarbeiter einstellen müssen, die keine Fachkenntnisse mitbringen und sich mit der Sprache schwer tun. Zudem bringen die ausländischen Mitarbeiter, die heute nicht mehr aus Polen oder Ungarn sondern aus Pakistan oder Indien kommen, eine ganz andere Mentalität – vor allem Arbeitsmentalität mit. Viele von ihnen können sich mit den Betrieben nicht identifizieren und es ist ihnen auch egal, was im Betrieb los ist, wenn sie mal ein paar Tage ausfallen. Es ist ihnen auch egal, wenn andere ihre Arbeit machen müssen. Der Einsatz für den Betrieb fehlt – sie sehen nicht, dass es Rechte und Pflichten für einen Mitarbeiter gibt.

Das heißt, dass man das Wachstum der Tourismusbranche einbremsen muss, damit die Qualität nicht leidet…

Ich will diesbezüglich nicht klar Ja oder Nein sagen, aber Fachleute müssen sicher ernsthaft darüber diskutieren, wie weit es noch gehen kann. Aktuell haben wir eine Fachkräftemangel und daher muss man überlegen ob es zielführend sein könnte, dass man das Wachstum einschränkt und erst den Bedarf, der aktuell besteht, versucht abzudecken. Wenn dann eine Besserung eintritt, kann man ja wieder weiterwachsen. Der Südtiroler Tourismus steht für Qualität und dieser Ruf darf uns nicht verloren gehen. Zudem muss man vielleicht auch einmal Überlegungen darüber anstellen, warum das Gastgewerbe für Einheimische nicht mehr so attraktiv ist. Natürlich wäre es diesbezüglich ein Ansatz, für Mitarbeiter im Gastgewerbe eine 5-Tage-Woche einzuführen, aber um den Service dann doch abdecken zu können, brauchen Betriebe wieder mehr Mitarbeiter und aufgrund der hohen Lohnnebenkosten ist dies auch einfach eine Kostenfrage.

Sie haben Ihre Arbeit im Gasthof Thurnerhof vor Jahren für das Landtagsmandat der STF aufgegeben. Wie blicken Sie jetzt auf diese Entscheidung zurück?

Es war eine ganz bewusste und wohlüberlegte Entscheidung für den Landtag zu kandidieren. Die Hauptperson in einem Restaurant ist der Koch und weder ich noch mein Mann sind gelernte Köche, also waren wir immer auf einen Koch angewiesen. Eine Rückkehr meinerseits oder ein Verzicht auf das Mandat hätten an dieser Entscheidung überhaupt nichts geändert. Das Problem bleibt, dass wir einen passenden Koch finden müssen. Den Gasthof zu schließen war eine wohlüberlegte Entscheidung – auch wenn sie uns schwer gefallen ist.

Wie geht es jetzt für Ihre Familie weiter?

Wir werden neue Wege suchen. Wenn sich eine Tür schließt, gehen immer neue Türen auf.

Interview: Lisi Lang

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (32)

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  • erich

    In einem Jahr kann Frau Tammerle selbst den Kochkurs machen.

  • noxxer

    Spotten könnt ihr alle Gut!!! Der Thurnerhof ist und war eine Erfolggeschichte! Der Mann von Frau Azt Tammerle hat maßgeblich beim Aufbau des Kooperationsgruppe “Südtiroler Gasthaus“ mit beigetragen, welche ein Juwel der Südtiroler Gastronomie darstellt.

    Könnt ihr nicht verstehen es für sie schwierig oder nicht möglich ist einheimische Köche zu finden, weil sie gegen Gehälter der stärkeren Hotelgastronomie nicht ankommen?
    Können Sie nicht einfach recht haben daß sie als Mitglied des “Südtiroler Gasthaus“ auch einen eigenen Authentitäts-Anspruch haben?
    Kann Sie nicht einfach recht haben daß andere Kulturen andere Geschmacksnerven haben?
    Sind ALLE Restaurantbetreiber Köche?
    Kann es sein ein Betrieb nicht nur durch jeden Tag volles Haus überlebt, sondern nur wenn er die Arbeit auch bewältigen kann?
    Kann es sein daß ihr selbst nichts erreicht habt und trotzdem mit Steine werft?

    Denk mal darüber nach was IHR erreicht habt bevor ihr mit Scheiße werft!

    • jennylein

      Noxxer, es gibt in Südtirol viele die in der Restauration Geld verdienen und es gibt welche, die das nicht schaffen. Das ist keine Schande… aber dann die Schuld bei den Ausländern zu suchen ist… ich halte mich mal zurück und sage einfach nur eine armselige Frechheit!

    • andreas

      @noxxer
      Dass sie schließen ist doch komplett egal, es gibt genügend Restaurants, es ist ihre Erklärung von anderen Geschmacksnerven, welche das Interview so lächerlich machen.

  • sepp

    jennylein noa wähl weiter SVPD wegen oaner stimme wers nett onkemm i hon mei leben no nie SVP gewählt a in Luis nie bevor wähl i jeden walschen leute wie a lachnummer oder LB und stockerin un soweiter tien nett kriechen in die walschen in orsch hoff das die leute af 2018 aufwachen

  • prof

    Mit seiner Einstellung war der Sepp woll a guater Koch für den Thurnerhof gwesn,lei isch es zu spät,obr vielleicht übelegns sichs die Wirtsleit und frognen,er kannt sicherlich a guate Pizza a mochn.

  • meintag

    Habe von einem Koch gehört welcher letztes Jahr im Meraner Raum angestellt war. Er „verbrauchte“ über die Saison mehrere Abspüler. Da er immer wieder mit erwähnten Personen zu Streit kam und er sich jedes mal mit der Chefin darüber unterhielt passierte folgendes. Jedes Mal holte sich die Chefin den jeweiligen Abspüler zu sich, sagte dass Er fristlos gekündigt sei und gab Ihm noch ein Taschengeld zu seinem Zahltag dazu. Nun sage mir Einer wer hier die grösseren Fehler gemacht hat, denn der Koch hat mittlerweile auch gekündigt und ist nicht nun öffentlich Angestellter.

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