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Warten auf die Kälte

Forscher an der Eurac wollen die Kunstschneeproduktion langfristig planen und damit Wasser und andere Ressourcen sparen. Ein mehr als ehrgeiziges Vorhaben.

von Silke Hinterwaldner

War es bis in die 80er Jahre hinein noch undenkbar Schnee maschinell zu produzieren, würden viele Südtiroler Skigebiete heute ohne technische Beschneiung nicht mehr funktionieren.

Die Pisten am Kronplatz etwa werden in der Regel komplett beschneit, der Naturschnee eignet sich mittlerweile beinahe nur noch als dekoratives Element für die umliegenden Bäume und Berge.

„Jetzt schon“, sagt Andrea Del Frari, Direktor im Pistenverbund Skirama am Kronplatz, „haben wir einige Schneekanonen positioniert, um sofort mit der Produktion beginnen zu können, sobald es die Temperaturen zulassen.“ Um Kunstschnee erzeugen zu können, muss es kalt und trocken sein, gerade jetzt im Herbst warten die Pistenbetreiber jeden Tag ungeduldiger auf die ersten kalten Tage. Die Kunstschneeproduktion bis Ende November ist entscheidend für gute Pisten bis zum Saisonende im April.

Das alles kostet nicht nur viel Geld, sondern verbraucht auch viel Wasser und andere Ressourcen. Deshalb entwickeln Wissenschaftler des Südtiroler Forschungszentrums Eurac Research derzeit in einem international zusammengesetzten Team Methoden, die das Schneemanagement durch gezielte Wetterprognosen optimieren sollen. So könnten der Wasserverbrauch und die damit verbundenen Kosten reduziert werden. Eines der insgesamt acht Testgebiete ist der Kronplatz, ein weiteres befindet sich in Kolfuschg.

Die Idee dahinter: Meist entscheiden die Betreiber sehr kurzfristig, ob sie ihre Pisten beschneien oder nicht. Ausschlag gebend sind die aktuelle Wetterlage und die kurzfristige Wetterprognose. Das sei sowohl wirtschaftlich wie auch ökologisch

nicht optimal. Wissenschaftlich aufbereitete Satellitendaten könnten den Einsatz von Kunstschnee effizienter machen, sind die Experten von Eurac Research überzeugt.

Skipistenbetreiber würden meteorologische Daten erhalten, in die auch die aktuelle Schneemenge und -qualität einfließen. Sie können die Beschneiung so bereits einige Wochen im Voraus planen – die Beschneiungsanlagen kommen nur dann zum Einsatz, wenn die meteorologischen Bedingungen günstig sind und die Pistenverhältnisse es verlangen. „Damit die Wettervorhersage nicht zu kurz greift und auch mittelfristig zuverlässig ist, arbeiten die Forscher mit vielen unterschiedlichen Daten: von den Schneekanonen gemessene Wetterdaten, aktuelle Schneehöhe und Daten der Sentinel-Satelliten“, erklärt Claudia Notarnicola, Physikerin von Eurac Research.

Für Andrea Del Frari klingt das alles sehr nach Zukunftsmusik. „Einen Großteil der technischen Beschneiung versuchen wir vor Saisonbeginn abzuwickeln“, sagt er, „da kann aber noch niemand sagen, wie viel Schnee der Winter tatsächlich bringen wird.“ Aber freilich freut er sich darüber, dass sich die Forscher um die technische Beschneiung kümmern. Schließlich können die Seilbahngesellschaften nur begrüßen, wenn der Verbrauch von Energie und Wasser reduziert wird, wenn Geräte effizienter funktionieren und damit in der Folge wohl auch Geld gespart werden kann.

DER HINTERGRUND

Rund sieben Millionen Kubikmeter Wasser haben Schneekanonen im Jahr 2015 in Form von Schnee auf die Südtiroler Skipisten gepustet. Das entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Wasserverbrauch von 35.000 Familien. Infolge des Klimawandels werden schneearme Winter weiter zunehmen.

Das von Météo-France koordinierte Projekt, an dem auch die Eurac mitarbeitet, ist diesen September gestartet und wird im Rahmen von Horizon 2020 für eine nachhaltige Wirtschaft von der Europäischen Kommission finanziert. Neben Forschern beteiligen sich auch Unternehmen am Projekt, darunter der Südtiroler Hersteller von Bescheinungsanlagen Technoalpin.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • roberto

    Das macht doch alles keinen Sinn mehr. Jeder sieht mit eigenen Augen, dass der Winter in unseren Breiten mittlerweilen nur mehr eine Fata Morgana ist. Kaum fallen in der Provinz Bozen irgendwo ein paar Schneeflocken vom Himmel wird dies in den Medien als Wintereinbruch vermeldet um den Lobbys der Aufstiegsanlagen und Pistenbetreibern einen Höflichkeitsdienst zu erweisen. Zuviel Geld, zuviel Resoursen und zuviele Projekte stehen mit hohem Risiko auf der Kippe, das hat doch alles keinen Zweck mehr. Der Tourismus bewegt sich schon lange auf andere Bahnen in der Provinz Bozen, man kann beruhigt in den nächsten 5 bis 10 Jahren den Skitourismus auslaufen lassen ohne große Einbusen hinnehmen zu müssen. 5 Jahre für die Skigebiete unter 2500m und 10 Jahre für alle anderen Skigebiete. Wichtig wäre zur Einsicht zu gelangen, dass unter 2000m in Kürze nichts mehr investiert bzw. alles abgebaut wird um den neuen touristischen Freizeitangeboten besser Rechnung zu tragen wie das E-Biking auf den Forst- und Almenwegen, nach dem Motto mit wenig Aufwand viel Spass in der Landschaft zu haben.

  • schwarzesschaf

    Schwachsinn im November schon beschneien und mit Gewalt die Wintersaison eröffnen, kein wunder das der Skipass unerschwinglich wird wäre das selbe als wenn ich den Gasofen im Winter vor die Tür stell damit es im Winter wärmer wird. Heisse luft für nix und im Wintersport nur defizitgeschäft aber keine angst das Land hilft den Skigebieten dann schon aus den Roten Zahlen

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