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Verlorene Kaufkraft

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Nachdem es in Südtirol jahrelang nur einen minimalen Preisanstieg gab, tendiert die Inflation jetzt gegen drei Prozent. Für Bankeinlagen gibt es aber weiterhin fast keine Zinsen – und auch eine allgemeine Lohnanpassung fehlt.

von Heinrich Schwarz

Im Dezember 2016 stieg die Inflation in Bozen (es gibt keine südtirolweiten Daten, Anm. d. Red.) sprunghaft auf 1,4 Prozent gegenüber demselben Monat des vorangegangenen Jahres. Zuvor lag die Inflation jahrelang bei rund 0,5 Prozent.

Der Dezember, so zeigte sich in den darauffolgenden Monaten, war keine Ausnahme, sondern der Beginn einer Phase mit einem vergleichsweise hohen Preisanstieg. Bereits im Januar stieg die Inflation erstmals seit vier Jahren wieder auf über zwei Prozent. Das ist jener Wert, den die Europäische Zentralbank als Ziel ausgibt. Zwei Prozent stehen für ein gesundes Wirtschaftswachstum.

Stefan Perini

In Südtirol tendiert die Inflation jetzt sogar gegen drei Prozent. Im August lag der Preisanstieg für die privaten Haushalte bei 2,9 Prozent. „Das zeigt, dass sich die Südtiroler Wirtschaft gut entwickelt und eine große Nachfrage da ist. Zu sagen ist, dass der Preisschub vor allem vom Gastgewerbe ausgeht, das nicht nur die Hotels einschließt, sondern auch Restaurants, Bars usw. Im August gab es ein Plus von 6,9 Prozent“, erklärt Stefan Perini, Direktor des Arbeitsförderungsinstitutes (AFI).

Der negative Umstand an der Inflation: Während das Preisniveau seit drei Trimestern wieder deutlich ansteigt, bekommt man für Bankeinlagen weiterhin praktisch keine Zinsen. Und auch mit einer allgemeinen Lohnanpassung für Arbeitnehmer sieht es nicht sehr rosig aus. Die Folge ist ein Kaufkraftverlust. Die Menschen können sich mit demselben Geld weniger leisten.

„Es sind derzeit schlechte Zeiten für Südtirols Sparer“, sagt Stefan Perini. „Die Zinsen dümpeln weiter bei null Prozent herum. Das Zinsniveau wird aber nun einmal nicht lokal definiert, sondern es gelten die Regeln der europäischen und internationalen Finanzwirtschaft. Die Südtiroler Banken gleichen sich dem an, was die Märkte vorgeben.“

Perini weist in der Analyse der Inflation insbesondere auf den Vergleich mit Italien hin. Erst im Juli hatte das AFI in einer Studie erhoben, dass die Lebenshaltungskosten in Südtirol 20 Prozent über dem gesamtstaatlichen Niveau liegen. „Das heißt, die Einkommen müssten bei uns um diesen Wert höher sein, um vom selben Wohlstand sprechen zu können. Wir haben allerdings berechnet, dass die Bruttoentlohnung für eine Vollzeitarbeitskraft im Schnitt nur um sechs bis sieben Prozent höher ist“, so Perini.

Dennoch ist der Wohlstand in Südtirol höher als im restlichen Italien. Stefan Perini sagt dazu: „Uns geht es nicht so gut, weil wir viel verdienen, sondern weil es bei uns Arbeit für alle gibt. Die hohe Erwerbsquote rettet unseren Wohlstand.“

Besonders problematisch sei nun, dass die Inflation in Südtirol zuletzt um fast zwei Prozentpunkte höher war als in Italien. „Dass wir einen halben Prozentpunkt über Italien liegen, ist sehr häufig der Fall. Die jetzige Spanne aber ist außergewöhnlich und der Unterschied des Preisniveaus wird noch größer. Auf der anderen Seite entwickeln sich die Löhne kaum nach oben“, so der AFI-Direktor.

Er betont: „In Südtirol werden sehr häufig die Kollektivverträge auf nationaler Ebene herangezogen. Zusatzverträge auf Landesebene sind relativ schwach entwickelt. Die Gewerkschaften schaffen es nicht, mit Lohnforderungen durchzukommen und die Lücke von 20 Prozent ganz auszugleichen.“

Für Stefan Perini führt deshalb kein Weg daran vorbei, an der Lohnschraube zu drehen, um die reelle Kaufkraft aufrechtzuerhalten: „Während man sich in den Jahren nach 2009 noch auf die Finanz- und Wirtschaftskrise hinausreden konnte, spricht jetzt eigentlich alles für den Aufschwung. Der Spielraum ist also sehr wohl gegeben. Ansonsten frisst die Inflation die Löhne weg.“

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