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Ausschreitungen in Katalonien

Am heutigen Sonntag stimmen die Katalanen über die Unabhängigkeit ihrer Region ab. Vor den Wahllokalen kommt es aber immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Gummigeschosse werden gegen Demonstranten eingesetzt (Foto: schuetzen.com)

Am heutigen Sonntag findet in Katalonien das vom spanischen Verfassungsgericht untersagte Referendum über die Unabhängigkeit der Region statt.

Die Stimmung ist angespannt. Vor einigen Wahllokalen in brachten sich gar Polizeikräfte in Stellung.

Wie ein VIDEO der Wahlbeobachter der Schützen aus Südtirol zeigt, kommt es vor den Wahllokalen auch immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und der Polizei.

Mehrere hundert Personen wurden bereits verletzt.

Auf ihrer Facebook-Seite „iatz.jetzt.sen.adesso.now“ berichten die Schützen live vom Selbstbestimmungs-Referendum in Katalonien.

Selbst Gummigeschosse sollen gegen die Demonstranten eingesetzt worden sein, berichten die Schützen. Selbst Journalisten sollen von den Polizisten angegriffen worden sein.

Mehrere EU-Vertreter fordern, dass beide Seiten in Dialog treten und die Autonomie der Katalanen ausgebaut werden müsse.

In einer Aussendung schreibt der Schützenbund: „Spanien tritt Demokratie mit Füßen!

Der Südtiroler Schützenbund verurteilt die Aktion der spanischen Militärpolizei Guardia Civil aufs schärfste. Die Beschlagnahmung der Wahlurnen und Stimmzettel erfolgte mit einem sehr aggresiven und äußerst brutalen Vorgehen. Dutzende Personen wurden dabei verletzt.

Unter den Opfern befinden sich auch viele ältere Personen. Der spanische Zentralstaat unterbindet damit ein durch das katalanische Parlament legitimiertes Referendum. Es ist eine eindeutige Abkehr von der Demokratie und ein Schritt zurück in die dunklen Tage des Franco-Faschismus.

Lobenswert in Anbetracht dessen ist die Stimmabgabe tausender Katalanen. Auch das Verhalten der katalanischen Zivilbevölkerung, welche sich ausschließlich mit friedlichem und passivem Widerstand zur Wehr setzt, ist vorbildhaft.“

+++ UPDATE 12.20 UHR +++

Auch die Süd-Tiroler Freiheit nimmt zu den Ausschreitungen in Katalonien Stellung. Stefan Zelger schildert die Geschehnisse in einem Stimmungsberich: „Die Abstimmung in Katalonien über die Unabhängigkeit der Region von Spanien ist angelaufen und der Zentralstaat geht mit aller Härte dagegen vor“, das berichtet Stefan Zelger, Landesleitungsmitglied der Süd-Tiroler Freiheit, aus Barcelona. „Die Stimmung ist weitgehend friedlich, aber die Lage ist sehr angespannt. Die Staatsmacht geht mit Vorschlaghammer auf Wahllokale los!“

Stefan Zelger ist für die Süd-Tiroler Freiheit vor Ort in Kataloniens Hauptstadt dabei, um diese historischen Stunden in der Geschichte dieses stolzen Volkes zu verfolgen.

Stefan Zelger (Süd-Tiroler Freiheit)

„Heute ab 9.00 Uhr sollten die Bürger Kataloniens darüber abstimmen, ob sie bei Spanien bleiben, oder eine unabhängige Republik werden wollen. Bereits um 6.00 Uhr morgens versammelt sich eine große Menschenmasse bei strömendem Regen vor einem Wahllokal im Zentrum Barcelonas. Als um 7.00 Uhr die ersten Wahlhelfer durch die Menge schreiten, bricht Applaus und Jubel aus, gefolgt von lauten Rufen ‚votarem, votarem‘, ‚wir werden abstimmen‘. Eine beeindruckende Manifestation der Demokratie. Dann kommt die Staatsmacht.

Gegen 8.00 Uhr ziehen knapp 20 Polizisten vor das Tor der Volksschule, in der gewählt werden sollte. Das Tor ist von einer großen Menschenmenge geschützt, die immer wieder Wahlzettel in die Luft hält und als Zeichen des friedlichen Protests die blanken Hände zum Himmel reckt. Die Polizisten harren zunächst passiv vor der Menge aus. Sie tragen schwere Schutzkleidung, Schusswaffen, Schilde, Schlagstöcke und große Tränengaswerfer. Die mehrere hundert Menschen bleiben ruhig, kein Laut ist zu hören. Eine unheimliche Atmosphäre. Die Ruhe vor dem Sturm. Wenig später riegelt die Polizei mit ca. 200 Mann die Straße, in der das Wahllokal steht, von beiden Seiten her ab. Die Beamten gehen nun hart gegen die friedlichen Wähler vor und versuchen das Tor zu stürmen. Menschen werden aus der Menge gezogen und zum Teil mit Schlagstöcken geschlagen. Über uns kreisen Polizeihubschrauber. Die Menge votiert lautstark ‚No pasarán‘, sie werden nicht durchkommen, den alten Schlachtruf der Republikaner gegen die Faschisten im Bürgerkrieg. Die Lage droht zu eskalieren. Die Wähler bleiben aber immer friedlich und auch die Polizei versucht, nicht weiter an der Eskalationsspirale zu drehen.

Um 10.00 Uhr stürmen gut 30 Polizisten mit Vorschlaghammer einen Nebeneingang zur Schule und beschlagnahmen die Wahlurnen. Beamte in Zivil rennen unter lautstarken Pfiffen mit den Urnen davon und werfen sie hastig in Zivilfahrzeuge. Demonstranten versuchen noch durch eine Sitzblockade die Abfahrt zu verhindern, doch die Beamten können mit den vermeintlichen Corpus Delicti entkommen. Mit Tränen in den Augen skandieren junge Menschen ‚verschwindet‘, als sich die Staatsmacht wieder zurückzieht.“

Für die Süd-Tiroler Freiheit sind diese Bilder aus dem Herzen eines europäischen Staates eine Schande. „Wer mit Vorschlaghammer und Schlagstock gegen eine demokratische Abstimmung vorgeht, delegitimiert sich selbst und hat schon verloren. Der Wunsch nach Freiheit wird in den Katalanen nach diesem Tag und nach diesen Bildern größer sein, als jemals zuvor. Kein Land kann auf Dauer das Recht auf Selbstbestimmung verwehren, wenn das Volk es will. Spanien Katalonien nicht, Italien Süd-Tirol nicht.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (11)

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  • brutus

    …und Europa schaut zu!
    Europa existiert ab heute für mich nicht mehr.
    …wenn’s um’s Eingemachte geht holt jeder Nationalstaat den Knüppel aus dem Sack. Wäre bei uns nicht anders. Beispiel Europaregion Tirol ….alles nur Augenauswischerei!

  • brutus

    Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist eines der Grundrechte des Völkerrechts. Es besagt, dass ein Volk das Recht hat, frei über seinen politischen Status, seine Staats- und Regierungsform und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden. Dies schließt seine Freiheit von Fremdherrschaft ein. Dieses Selbstbestimmungsrecht ermöglicht es einem Volk, eine Nation bzw. einen eigenen nationalen Staat zu bilden oder sich in freier Willensentscheidung einem anderen Staat anzuschließen.[1]

    Heute wird das Selbstbestimmungsrecht der Völker allgemein als gewohnheitsrechtlich geltende Norm des Völkerrechtes anerkannt. Sein Rechtscharakter wird außerdem durch Artikel 1 Ziffer 2 der UN-Charta, durch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPWSKR), beide vom 19. Dezember 1966, völkervertragsrechtlich anerkannt. Damit gilt es als universell gültig.

  • brutus

    Der spanische Premierminister Mariano Rajoy hat am Samstag, ein Tag vor dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien, ein Telefonat mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt. Die Bundeskanzlerin sicherte der spanischen Zentralregierung dabei ihre volle Unterstützung zu, berichtet die spanische Nachrichtenagentur EFE.
    Mit Verweis auf eigene Quellen in den spanischen Regierungsbehörden berichtet EFE, Merkel habe „dem Chef der spanischen Exekutive ihre volle Unterstützung zugesichert sowie ihm ihr Vertrauen und ihren Beistand in Bezug auf die existierende konstitutionelle Ordnung und die Achtung des Gesetzes ausgedrückt.“

    …Merkel sollte sich schämen!
    …und mit ihr Europa, Eoropa der Regionen,
    …dass ich nicht lache!

  • andreas

    Die Separatisten wollten es darauf ankommen lassen und dies ist das erwartebare Ergebnis. Hintennach heulen ist recht peinlich.

    • brutus

      …mit dieser Reaktion des Zentralstaates werden sie weiteren Zulauf bekommen, und Madrid wird hoffentlich von Europa unter Druck gesetzt die ausgesetzten Autonomieverhandlungen wieder aufzunehmen.

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