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Aufbruch

Maysaloun Hamoud hat mit ihrem Film „Bar Bahar“ (In Between) Preise gewonnen und Polemiken ausgelöst. Bedroht wurde die Palästinenserin mit israelischem Pass auch.

von Renate Mumelter

„Du darfst deine Stimme nicht erheben, ich mag es nicht, wenn die Frauen ihre Stimme erheben“, sagt einer ganz am Anfang dieser Geschichte, die von drei jungen Frauen in Tel Aviv erzählt. Die drei leben in einer WG. Laila ist schön, sie ist Anwältin, sie schert sich um Konventionen, sie raucht und kifft und lebt ihr Leben. Ob es eine große Liebe irgendwann schaffen wird, alle unterdrückenden gesellschaftlichen Konventionen zu durchbrechen, weiß sie nicht.

Die lesbische Salma hätte diese Liebe gefunden, aber sie kann sie nicht leben. Konventionen stehen im Weg. Für die brave islamische Nour sieht es zunächst so aus, als könnte sich die große Liebe nach der Hochzeit einstellen. Die Ereignisse führen dem Publikum im Kinosaal aber drastisch vor Augen, dass aus dem, was Nour versprochen worden war, nichts werden kann.

Die Gesellschaft in Tel Aviv und in den Dörfern, aus denen die drei Frauen kommen, ist so in ihren Konventionen gefangen, dass es keinen Ausweg gibt. Das gilt für die Christen genauso wie für die Muslims. Da wird viel gelächelt, freundliche Floskeln füllen den Raum, man verneigt sich vor Gott und vor den anderen, und wer nicht spurt, der wird bestraft. Der einzige Ausweg liegt im Ausland oder in der Rebellion, einer Rebellion, die darauf hofft, dass Freiheit und Selbstverwirklichung möglich werden.

Vom unglücklichen Filmtitel „Libere, disobbedienti, innamorate“ sollte sich niemand abhalten lassen, denn „Bar Bahar“ ist gut gemacht, gut gespielt, tragisch und zuversichtlich, ein kraftvoller Film mit kraftvoller Musik, der hoffen lässt und der dazu ermutigt, auch die Konventionen vor der eigenen Haustür (oder dahinter) nicht widerspruchslos hinzunehmen.

„Bar Bahar“ (IL/FR 2016), 103 Min., Regie: Maysaloun Hamoud. Bewertung: Sehenswert. Außerdem lädt das Kino in angenehme Kühle.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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