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„Nein zu gemischtsprachigen Schulen“

Anstatt an gemischtsprachige Schulen zu denken, solle die Sprachkompetenz der Schüler erhoben werden, fordert die Süd-Tiroler Freiheit. Sie hat im Landtag einen Beschlussantrag eingereicht.

„Die Ergebnisse der Kolipsi-Studie II bestätigen, wovor wir seit jeher warnen – nämlich, dass die gemischtsprachigen Schulexperimente der letzten Jahre zu keiner Verbesserung der Sprachkompetenzen führen. Im Gegenteil, der CLIL-Unterricht ist kläglich gescheitert“, schreibt die Süd-Tiroler Freiheit in einer Aussendung.

Sie fordert daher mit einem Beschlussantrag im Landtag, dass zunächst einmal die effektiven Sprachkompetenzen der Schüler ermittelt werden, damit der Sprachunterricht zukünftig auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten gestaltet wird.

Die Bewegung schreibt:

„Artikel 19 des Autonomiestatuts ist eine der wichtigsten Grundsäulen der Autonomie und sichert des Überleben der Südtiroler als sprachliche Minderheit im fremdnationalen Staat Italien. Weltweit lässt sich in Minderheitenregionen feststellen, dass überall dort, wo vom muttersprachlichen Unterricht abgegangen wird, zunächst die Sprachkompetenz in der Muttersprache abnimmt und es in der Folge zum Verlust der ethnischen Identität und damit zur Assimilierung kommt. Das Aostatal ist hiefür ein warnendes Beispiel.

Anstatt den unschätzbaren Wert des muttersprachlichen Unterrichts in Südtirol zu erkennen (für den uns andere Minderheiten beneiden), wird dieser seit einigen Jahren gezielt schlechtgemacht, und den Eltern wird eingeredet, dass ihre Kinder dadurch unzureichend Italienisch lernen würden. Einhergehend damit wird die Erhöhung der Anzahl der Italienischstunden oder gar die Einführung gemischtsprachiger Schulen gefordert.“

Es stehe außer Zweifel, dass Südtirols Schüler so gut als möglich Fremdsprachen lernen sollen. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Muttersprache gehen.

„Wenn bereits nach vier bis fünf Jahren Unterricht die Sprachkenntnisse in Englisch und Französisch besser sind als nach 13 Jahren Italienischunterricht, kann es nicht an der Quantität der Unterrichtsstunden liegen, sondern an der Art, wie Italienisch unterrichtet wird“, so die Süd-Tiroler Freiheit.

Sie schreibt weiters:

„Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass die Forderung nach Mehrsprachigkeit in dieser Diskussion immer als mehr Italienisch verstanden wird, denn die Frage, warum es Italiener in Südtirol gibt, die gar kein Deutsch sprechen, bleibt völlig ausgespart.

Bevor an Südtirols Schulen weitere Sprachexperimente durchgeführt werden, die Artikel 19 des Autonomiestatuts untergraben, sollte zunächst einmal erhoben werden, wie es überhaupt um die Sprachkompetenz in der jeweils anderen Landessprache an den deutschen und italienischen Schulen insgesamt bestellt ist und wie die Fremdsprachenkenntnisse der Schüler im Vergleich zu anderen europäischen Regionen sind. Erst anhand dieser Daten lässt sich feststellen, ob es überhaupt Änderungen im Schulsystem braucht, und wenn ja, welche.

Die aktuelle Kolipsi-Studie II (2014/2015) liefert erstmals ? wenn auch nur für Oberschüler der 4. Klasse ? Vergleichsdaten. Diese zeigen, dass die Sprachkenntnisse in der jeweils anderen Landessprache bei den deutschen Schülern insgesamt wesentlich besser sind als bei den italienischen Schülern.

Foto: 123RF.com

Angesichts der Tatsache, dass der CLIL-Unterricht gerade in den italienischen Schulen massiv gefördert und ausgebaut wurde, zeigt sich, dass dieses Experiment von gemischtsprachigem Schulunterricht sein Ziel klar verfehlt hat. Anhand der vorliegenden Daten muss man sogar die Frage aufwerfen, ob die Sprachkompetenzen heute nicht schlechter sind als vor der Einführung des CLIL-Unterrichts.

Die Kolipsi-Studie II zeigt aber auch, dass das Erlernen der so genannten zweiten Landessprache nicht von der Schule alleine bewältigt werden kann und dass weder eine Ausweitung des CLIL-Unterrichts noch die Einführung gemischtsprachiger Schulen die Sprachkompetenzen verbessern kann, wenn die Bereitschaft zum Erlernen einer Sprache nicht gegeben ist.

Besonders deutlich wird dies anhand des Vergleichs der italienischen und deutschen Schule. Während die italienischen Schüler nämlich im ganzen Land ? und somit täglich ? die Möglichkeit hätten, Deutsch zu sprechen, sind ihre Sprachkenntnisse deutlich schlechter als jene der deutschen Schüler, die außerhalb der Schule oft kaum die Möglichkeit haben, Italienisch zu sprechen.

Keine Vergleichsdaten liefert die Studie leider über die Entwicklung der Sprachkompetenz in den anderen Schulstufen, über einen Vergleich derselben mit anderen europäischen Regionen sowie über die Entwicklung der muttersprachlichen Kenntnisse über einen längeren Zeitraum.

Gerade diese Daten wären jedoch notwendig, um den Sprachunterricht an den Süd-Tiroler Schulen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten zu gestalten.“

Die Süd-Tiroler Freiheit bringt daher noch diese Woche folgenden Beschlussantrag im Landtag zur Abstimmung:

Der Südtiroler Landtag wolle beschließen:

1) Der Südtiroler Landtag unterstreicht die Bedeutung des rein muttersprachlichen Unterrichts in Südtirol und spricht sich gegen die Einführung gemischtsprachiger Schulen aus.

2) Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt, langfristige Vergleichsstudien über die Entwicklung der Sprachkompetenzen der Südtiroler Schüler in allen Schulstufen durchzuführen, welche zuvörderst folgende Punkte beinhalten:

– Entwicklung der Sprachkompetenz in der Muttersprache über einen längeren Zeitraum.

– Ein Vergleich über die Sprachkenntnisse in der jeweils anderen Landessprache um feststellen zu können, ob italienische Schüler gleich gut die deutsche Sprache sprechen wie deutsche Schüler die italienische Sprache und wie sich die Kenntnisse im Laufe der Schuljahre entwickeln.

– Eine Erhebung über die Fremdsprachenkenntnisse der Südtiroler Schüler im Vergleich zu Schülern aus anderen europäischen Regionen.

– Eine Untersuchung der Gründe dafür, warum Südtiroler Schüler nach nur einigen Jahren Unterricht in anderen Fremdsprachen, bessere Sprachkenntnisse aufweisen als nach wesentlich mehr Jahren Italienischunterricht an deutschen Schulen bzw. Deutschunterricht an italienischen Schulen.

3) Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt, in anderen Regionen mit sprachlichen Minderheiten Informationen über die dortigen Schulsysteme einzuholen, um in Erfahrung zu bringen, ob es auch andere Möglichkeiten gibt, den Schülern bestmöglich Fremdsprachen beizubringen, ohne den muttersprachlichen Unterricht zu gefährden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (10)

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  • sigmundkripp

    Zitat: „Während die italienischen Schüler nämlich im ganzen Land ? und somit täglich ? die Möglichkeit hätten, Deutsch zu sprechen, sind ihre Sprachkenntnisse deutlich schlechter als jene der deutschen Schüler, die außerhalb der Schule oft kaum die Möglichkeit haben, Italienisch zu sprechen.“
    Die Möglichkeit, mit den jeweils Anderssprachigen in Kontakt zu treten, wäre in ZWEIsprachigen Schulen wohl eher gegeben, als in einsprachigen. GEMISCHTsprachige Schulen will niemand, da hat die STF recht! ZWEIsprachige aber schon.

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