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„Ich hatte Bauchweh“

Andreas Leiter Reber und Wolfgang Niederhofer

Trotz anfänglicher Bauchschmerzen will Wolfgang Niederhofer bei den Freiheitlichen eine führende Rolle übernehmen – und die Italiener zu ihrem Selbstbestimmungsglück zwingen.

TAGESZEITUNG Online: Herr Niederhofer, sind Sie mehr ein linker Blauer oder ein blauer Linker?

Wolfgang Niederhofer (lacht): Jetzt muss ich denken … An meiner Grundeinstellung wird sich mit Sicherheit nichts ändern. Das bedeutet, dass ich linksliberal sozialisiert bin.

Sie sagen aber selbst, es sei eine Entscheidung gewesen, die Ihnen viel Bauchschmerzen bereitet habe …

Das stimmt, weil einfach die Gefahr einer Stigmatisierung einhergeht. Ich habe diese Entscheidung getroffen, weil ich den neuen Obmann seit vielen Jahren kenne und die Chance sehe, dass wir wirklich ein Projekt der Eigenstaatlichkeit entwickeln können, das alle drei Sprachgruppen inkludiert.

Sie wurden bislang eher dem linksgrünen Lager zugerechnet. Jetzt werden Sie Finanzreferent und Koordinator der Arbeitsgruppe Autonomie und Eigenstaatlichkeit der Freiheitlichen. Ihre Ziele?

Ich möchte daran mitarbeiten, dass die Freiheitlichen sich verstärkt als politische Kraft der bürgerlich-liberalen Mitte definieren. Im Bereich der Arbeitsgruppe Autonomie und Eigenstaatlichkeit möchte ich an einem Konzept mitarbeiten, das für alle drei Sprachgruppen eine Win-win-Situation darstellt und im Bereich des Zusammenlebens ein ganz neues Potential eröffnet. Dieses Projekt muss so gut und durchdacht sein, dass auch die italienischsprachigen SüdtirolerInnen objektiv anerkennen müssen, dass es eine große Chance für unser Land wäre, auch wenn subjektiv anfangs noch Vorbehalte bestehen.

Sie wurden von Ihren Freunden beim Online-Blog Brennerbasisisdemokratie heftig kritisiert, weil sie für die Blauen in den Konvent der 33 gewählt wurden. Ihre Leute schrieben, sie seien von einer Partei gewählt worden, deren menschenverachtendes Gedankengut BBD seit Jahren bekämpft habe. Glauben Sie dass die Freiheitlichen therapierbar sind?

 

Ich glaube, dass bestimmte Reizthemen gut, fundiert und auf sachlicher Ebene diskutiert werden müssen. Menschenverachtendes Vokabular hat auch, wenn die Standpunkte unterschiedlich sind, nichts zu suchen. Damit, so glaube ich, findet sich auch die bürgerliche Mitte wieder.

Wie würden Sie das Flüchtlingsproblem lösen?

Schwierige Frage. Das Problem muss auf europäischer Ebene gelöst werden. Europa muss sich Gedanken machen, wie es seine Außengrenzen schützen kann. Allerdings braucht es – und dafür bin ich immer eingestanden und werde das auch in Zukunft machen – sehr wohl Einwanderung nach Europa. Europa sollte sich dabei an reifen Einwanderungsländern wie Kanada orientieren …

… und selektiv Einwanderer aufnehmen?

Es wird immer humanitäre Hilfe geleistet werden müssen, das Asylrecht geht für mich als Individualrecht in Ordnung. Wer aus politischen Gründen verfolgt wird oder aus Kriegsgründen flüchtet, soll Hilfe erfahren. Aber wir müssen uns auch im Klaren sein, dass wir international im Wettbewerb mit dem nordamerikanisch-angelsächsischen Raum und mit Ostasien stehen. Diese drei Wirtschaftsräume konkurrieren um die schlauesten Köpfe weltweit, daher empfiehlt es sich für Europa, sich als attraktiver Wirtschaftsstandort zu präsentieren mit liberalen, aber klar geregelten Einwanderungsbedingungen.

Und was passiert mit den Flüchtlingen aus Afrika?

Ich habe erst kürzlich mit dem Politikwissenschaftler Roland Benedikter gesprochen. Wir waren uns einig, dass Europa zusätzlich eine Afrika-Politik braucht, denn Afrika ist unser Nachbarkontinent. Ich habe kein Patentrezept für das Flüchtlingsproblem, nicht mal die Eliten haben eine Lösung. Es gibt bis dato keine funktionierende Afrika-Politik.

Wie stellen Sie sich eine solche vor?

Eine Mischung aus Ausbildungsprogrammen, vor allem auch für Frauen unterstützt von Demokratie-Projekten und längst notwendigen Projekten im Bereich der Familienplanung.

Interview: Artur Oberhofer

 

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