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„Das Kreuz abfluchen“

 

Hans Heiss

Der ehemalige Co-Sprecher Hans Heiss ist überzeugt, dass der Ruf seiner Grünen als Nein-Sager-Partei deutlich leiser geworden sei. Und er spricht sich für eine Wiederkandidatur von Riccardo Dello Sbarba aus.

Tageszeitung: Herr Heiss, Sie haben am Samstag den Vorsitz bei den Grünen abgegeben. Wie fühlt man sich als ehemaliger Co-Sprecher?

Hans Heiss: Es ist ein gutes Gefühl! Nach einer kurzen Aufbauarbeit, die ich mit meiner Kollegin Foppa forciert habe, kann ich nun die Partei in jüngere Hände übergeben. Die Grünen haben eine relativ gute Zukunftsperspektive und sind für die Stafettenübergabe gerüstet. Das macht mich recht zufrieden.

Hat Ihnen das Amt Freude bereitet?

Meine 15 Monate als Co-Sprecher haben mich mit Freude und Pflichtbewusstsein erfüllt. Die Situation im letzten Jahr war so, dass wir eigentlich keine Kandidaten hatten. Deshalb habe ich mich zur Verfügung gestellt. Es war für mich eine spannende Herausforderung und eine Möglichkeit, an der Entwicklung der Partei mitzuwirken. Die Arbeit hat mir mehr Freude bereitet, als ich mir im Vorfeld erwartet hätte. Vor einem Jahr habe ich das noch seufzend auf mich genommen und mir gedacht: Jetzt müssen wir halt (lacht)!

Was sind die großen Richtungsentscheidungen, welche die Grünen unter Ihrem Vorsitz getroffen haben?

Die Partei hat wieder ein neues Eigenleben und neue Kreativität entwickelt. Wir haben einen Prozess angestrengt, damit die Partei wieder selbst die Initiative ergreifen kann. Vorher lastete die Arbeit stark auf den Schultern der Landtagsfraktion. Wir haben deshalb die Partei als Bewegung und Organisation neu aufgestellt und mit dem Ratspräsidenten Karl Tragust thematische Schwerpunkte, etwa im Sozialbereich und bei der Arbeitsweise, gesetzt.

Wofür stehen die Südtiroler Grünen heute?

Die Grünen sind ein wichtiger Pfeiler der Orientierung. Wir setzen Themen und Markierungen in der Umweltpolitik, in der Bildung, in der Sprachgruppen- und Autonomiepolitik. Unsere Vorstellungen sind konkret, oft auch visionär. Dadurch erzeugen wir Reibung und lösen oftmals auch Ärger und Irritation aus. Man braucht sich nur die Postings in den Internet-Foren ansehen, wo man uns das Kreuz abflucht. In Bozen und Meran zeigen wir darüber hinaus, dass wir regierungsfähig sind.

Viele Kritiker werfen den Grünen inhaltliche Beliebigkeit vor, andere wiederum klassifizieren die Grünen als Nein-Sager-Partei. Wo würden Sie Ihre Partei positionieren?

Unser Ruf als Nein-Sager-Partei ist zuletzt deutlich leiser geworden. Vielmehr sehen die Leute, dass unsere Partei und unsere Landtagsabgeordneten wahnsinnig viel arbeiten und wichtige Vorschläge in den Gesetzgebungsorganen einbringen, sprich Direkte Demokratie, Bildung oder Wahlgesetz. Diese Vorschläge werden von der Mehrheit ernstgenommen und oft auch heimlich übernommen. Wir sind eine Ideenwerkstatt und eine Umsetzungsplattform. Zudem stehen wir für eine verlässliche Bodenhaftung.

Sie selbst haben den Anspruch erhoben, das bürgerlich-liberale Lager zu vertreten. Glauben Sie, dass nach Ihrem Ausscheiden aus dem Landtag den Grünen dieser Flügel wegbrechen wird?

Ich bin ein klassischer Bürgerlich-Liberaler. Bei mir stehen die Grundrechte, die individuellen Freiheiten, die Liberalität im Denken und Handeln im Zentrum. Ich bin überzeugt, dass diese Werte bei den Grünen gut aufgehoben sein werden auch ohne Hans Heiss. Ich bin also nicht der stille Pate. Auch Brigitte Foppa und unsere zukünftigen Kandidaten werden hier Standfestigkeit zeigen. Dem bürgerlich-liberalen Lager droht keineswegs der sanfte Tod.

Stimmt die Behauptung, dass den interethnischen Grünen die Italiener wegfallen?

Unser Anspruch ist klar: Wir sind eine interethnische Partei und haben einen sehr starken Repräsentanten in Gestalt von Riccardo Dello Sbarba, der im Konvent Durni und Konsorten immer wieder Paroli bietet. Es gibt gewisse Schwierigkeiten und Hindernisse. Weil der PD und die italienische Parteienlandschaft eine Krise durchläuft, wächst unser Zuspruch seitens der italienischen Wählerschaft. Man bescheinigt uns, für alle in Südtirol zu arbeiten.

Können es die Grünen verkraften, 2018 nicht nur Sie, sondern auch Riccardo Dello Sbarba zu verlieren?

Mein Wunsch ist, dass Riccardo seine Arbeit fortsetzen wird. Ich glaube aber, dass die Partei nicht die Kontrolle verlieren würde, wenn wir beide gehen. Wir würden dadurch unsere Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen. Frau Foppa hat einen Vertrauensvorschuss und das Kapital erhalten, unsere Arbeit gut fortzusetzen. Bei den Grünen würde es eine kleine Delle geben, aber keinen großen Hänger.

Interview: Matthias Kofler

 

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