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Kerzen für die Katz?

Frostfeuer, Michl Bradlwarter (Foto: Antie Braito Photography)

Frostfeuer, Michl Bradlwarter (Foto: Antie Braito Photography)

Mit Frostkerzen, Hubschraubern und Oberkronenbewässerung gegen Frostschäden: Michl Bradlwarter, Stellvertreter des Beratungsrings für den Bereich Weinbau, erklärt, wie wirkungsvoll die verschiedenen Methoden sind.

TAGESZEITUNG Online: Herr Bradlwarter, die Frost-Nächte der vergangenen Woche haben den Anlagen der Weinbauern stark zugesetzt. Wie groß schätzen Sie den entstandenen Schaden?

Michl Bradlwarter: Der Schaden ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr schwierig zu quantifizieren: Einige Bauern und Lagen sind besonders schwer betroffen, beispielsweise jene in Vertiefungen, während bei anderen ein kleinerer Teil der Ernte ausfällt.

Einige Weinbauern haben Frostkerzen verwendet, um die Reben vor dem Frost zu schützen. Wie funktioniert diese Methode?

Die Frostkerzen geben im Prinzip wie jedes Feuer Wärme ab und erwärmen die Umgebung. Man versucht die Umgebungstemperatur dabei nicht unter den Gefrierpunkt sinken zu lassen. Bei Strahlungsfrost in einer windstillen Nacht, wie es am 21. April der Fall war, funktioniert diese Methode recht gut: die Wärme wird vom Boden ins Weltall abgestrahlt, die oberen Luftschichten bleiben dabei wärmer. Schafft man es in einer solchen Nacht, am Boden eine Schicht mit Rauch zu machen, wird die Temperatur um ein paar Grad erhöht.

Wie wirkungsvoll sind Frostkerzen?

Ein leichter Luftzug reicht bereits aus, um die Wirkung der Frostkerzen stark einzuschränken. Stellt man viele Kerzen auf, ist die Wirkung natürlich höher. Allerdings muss man sich das so vorstellen, wie wenn man bei einem Lagerfeuer stehen würde: Die Vorderseite, die dem Feuer zugewandt ist, wird warm, während der Rücken kalt wird. Die Wirkung ist daher nicht riesig, doch in der Not versucht ein Bauer verständlicherweise alles, um die Ernte zu retten – aber nur einzelne Bauern greifen effektiv auf Frostkerzen zurück.

Die Südtiroler Landwirte haben aber auch andere Methoden eingesetzt. Beispielsweise stand in Terlan ein Hubschrauber im Einsatz...

Bei Kaltlufteinbrüchen fließt die kalte Luft aus höheren Schichten die Berghänge entlang herab ins Tal und kühlt dieses sehr stark ab. Die Luft verhält sich dabei wie Wasser: kalte Luft ist schwerer als warme und sinkt somit zu Boden. Mit Hubschraubern oder auch Ventilatoren versucht man, die Luft am Boden mit jener aus den oberen Schichten zu vermischen und die Bodentemperatur zu erhöhen.

Hat der Einsatz des Hubschraubers Wirkung gezeigt?

Die kalte Luft befand sich in der vergangenen Woche in der Höhe genauso wie am Boden, da ist es natürlich schwierig die Luft zu vermischen. Ich glaube der Einsatz des Hubschraubers war weniger effizient als man es sich erhofft hatte.

Der Hubschrauber war in Terlan zudem erst am Morgen unterwegs, die tiefen Temperaturen wurden aber schon früher gemessen…

Das ist das nächste Problem: die Temperatur ist schon zu Beginn der Nacht so tief gesunken, dass Schäden entstehen konnten. Obwohl die kältesten Temperaturen kurz vor Tagesanbruch gemessen wurden, konnte der Hubschrauber zu seiner Einsatzzeit nur wenig Schaden beheben.

Kann man sich so einen Hubschraubereinsatz überhaupt leisten?

Der Hubschrauber ist sicher nicht die billigste Variante: Ein Hubschrauber kostet zwischen 1.800 Euro bis 2.000 Euro pro Stunde.

Gibt es alternative Vorgehensweisen, um die Reben und somit die Ernte, vor dem Frost zu schützen?

Es gibt beispielsweise Gaskanonen, mit denen Festzelte aufgewärmt werden. Doch diese müsste man auf einen Turm stellen und man bräuchte zudem Ventilatoren, um die warme Luft zu verteilen. Außerdem besteht theoretisch die Möglichkeit, die Reben beispielsweise mit Folien zuzudecken, doch das macht wenig Sinn, denn Reben produzieren keine Eigenwärme. Die effizienteste Methode ist und bleibt die Frostberegnung.

Bei Apfelbäumen ist die Frostberegnung ein effektiver Schutz. Warum wird diese Vorgehensweise nicht auch bei den Reben angewandt?

Die Frostberegnung könnte bei Reben eingesetzt werden, aber das Problem dabei ist, dass oft zu wenig Wasser vorhanden ist. Einige Weinbauern verwenden diese Methode, und sie sind zufrieden.

Interview: Silvia Santandrea

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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