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Sind Sie ein Verräter?

ulli-mair-egger-thomasMit seiner Eingabe am Rechnungshof hat der ehemalige freiheitliche Abgeordnete Thomas Egger die Penisring-Affäre ausgelöst. Die TAGESZEITUNG hat vorgefühlt, ob er ein schlechtes Gewissen hat.

TAGESZEITUNG Online: Herr Egger, ihre ehemaligen Parteifreunde Pius Leitner und Ulli Mair haben schwere Verwürfe gegen Sie erhoben. Sie wurden als Verräter gebrandmarkt, weil sie mit ihrer Eingabe die Penisring-Affäre ausgelöst haben. Fühlen Sie sich als Verräter?

Thomas Egger: Ich wollte eigentlich zu dieser Angelegenheit keine Stellungnahme abgeben, weil ich mittlerweile seit einigen Jahren von der Politik draußen bin und den nötigen Abstand gewonnen habe. Aber zu den Aussagen von Frau Mair gibt es einiges richtzustellen …

Nämlich?

Wenn sie behauptet, ich hätte viereinhalb Jahre lang weggesehen, um dann – nachdem ich nicht mehr auf die Kandidatenliste für die Landtagswahlen 2013 gesetzt wurde – als beleidigte Leberwurst eine Eingabe zu machen, dann entspricht dies nicht den Tatsachen …

Was ist Sache?

Ich habe keineswegs viereinhalb Jahre lang weggesehen, sondern ich habe mich erst nach meinem Ausscheiden aus der Freiheitlichen-Fraktion und nach der Bildung meiner eigenen Fraktion „Wir Südtirol“ im Sommer 2013 mit der Thematik der Fraktionsgelder und deren rechtskonformer Verwendung befasst. Ich konnte somit erst zu diesem Zeitpunkt feststellen, dass in der Freiheitlichen-Fraktion einiges schiefgelaufen sein könnte. Ich habe somit nicht weggesehen, sondern mich erst ab Sommer 2013 erstmals mit dieser Thematik befasst.

Tatsache aber ist, dass Sie eine Eingabe gegen Ihre ehemaligen politischen Freunde gemacht haben …

Ja, im Sinne eines korrekten Umgangs mit Steuermitteln sah ich es als klare Verpflichtung an, als gewählter und von der Bevölkerung gut bezahlter Vertreter, den Rechnungshof die Sachlage mit den Fraktionsgelder bei der Freiheitlichen Partei dazulegen. Ich habe diese Eingabe im Sommer 2013 beim Rechnungshof gemacht, beim Herrn Dr. Schülmers, und nicht – wie mir jetzt oft unterstellt wird – beim ordentlichen Gericht. Ich habe in der Eingabe geschrieben, man möge prüfen, ob ein Fehlverhalten vorliegt …

Genau das wird Ihnen jetzt von Pius Leitner und Ulli Mair als Verrat, als unehrenhaftes Verhalten ausgelegt.

Sehen Sie: Während meiner Zeit im Landtag habe ich mich ausgiebig mit Treuhand-Gesellschaften befasst. Ich habe – wie mir Christoph Franceschini in seinem Buch zum SEL-Skandal zugesteht – die Affäre Stein an Stein ins Rollen gebracht, bei der SVP-Politiker und –Funkionäre zum Handkuss gekommen sind. Jetzt hat es halt die Freiheitlichen erwischt.

Die Freiheitlichen hätten sich offenbar von Ihnen erwartet, dass Sie die Bombe nicht platzen lassen …

Ich habe keinen Grund gesehen, bei den Freiheitlichen wegzuschauen und die Bombe nicht platzen zu lassen, denn bei den Freiheitlichen wird das gleiche Steuergeld verwendet wie in anderen Parteien.

Ulli Mair hat Ihnen Opportunismus vorgeworfen.

Noch einmal: Die Bombe nicht platzen zu lassen, war in diesem Fall nicht möglich. Ich bin in meinem ganzen Leben nicht durch Opportunismus, sondern – im Gegenteil – durch Zivilcourage und Idealismus aufgefallen. Ich habe bei den Blauen innerparteilich oft riskiert, um anderen Kollegen – zum Beispiel Walter Blaas oder den Neo-Landtagsabgeordneten Hannes Zingerle – zu helfen, als sie in Bedrängnis geraten waren. Ich habe das aus Korrektheit getan und nicht aus Opportunismus. Freilich: Innerparteilich hat mir mein Verhalten bei Frau Mair viel an Sympathien gekostet.

Pius Leitner musste wegen Ihrer Eingabe sein Mandat niederlegen. Er war es gewesen, der Sie damals in die Partei geholt hatte …

Nein, sie beide, Leitner und Frau Mair, sind damals zu mir nach Sterzing gefahren. Mit Frau Mair hatte ich kein gutes Verhältnis, weil ich mir ein paar Mal erlaubt habe, ihr unter vier Augen zu sagen, welche Meinung ich von ihr vor allem im Umgang mit anderen Menschen habe. Wäre ich tatsächlich ein Opportunist gewesen, hätte ich die Pappm gehalten. Dann würde ich heute noch im Landtag sitzen.

Tut Ihnen Pius Leitner menschlich leid?

Es tut mir weder leid, noch verspüre ich Schadenfreude. Dies, obwohl er 2013 bei Gott nicht zimperlich war sowohl im Umgang mit mir, als auch mit dem gesamten damaligen Bezirk Wipptal.

Mit Andreas Leiter Reber und Florian von Ach wollen zwei hochrangige Schützen das Ruder bei den Freiheitlichen übernehmen. Was sagen Sie dazu?

Mein private Meinung ist: Ich war nie ein Anhänger der Stahlhelm-Fraktion. Ich wollte bei den Freiheitlichen Sozial- und Kontrollpolitik machen, bin damit aber leider kläglich gescheitert. Südtirol braucht in meinen Augen aus demokratiepolitischen Gründen eine gute Alternative zur SVP, aber keine zweite Schützen-Partei.

Interview: Artur Oberhofer

 

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