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„Ohne Hirn“ 

lawine-jaufentalDie Lawinenunglücke vom Mittwoch werfen die Frage auf, warum Warnungen und Absperrungen von Skifahrern ignoriert werden. Karl Leitner, Präsident des Skigebietes Gitschberg-Jochtal, schlägt eigene Versicherungen für das Fahren außerhalb der Piste vor. 

Tageszeitung: Herr Präsident, wie denken Sie über Freerider?

Karl Leitner: Grundsätzlich ist es eigentlich in Ordnung. Aber in dem Maße, wie es heute betrieben wird, ist es oft sehr riskant. Von allen möglichen Gipfeln fahren die Freerider herunter. Aber das Hauptproblem ist, dass sie sich sehr oft einfach nicht absichern und keine vorsorglichen Maßnahmen treffen. Das Handeln vieler Freerider ist häufig verantwortungslos.

Bei den jüngsten Lawinenabgängen wurden Warnhinweise und Absperrungen ignoriert. Reichen diese Maßnahmen aus der Sicht der Liftbetreiber aus, um Variantenfahrer von lawinengefährlichen Abfahrten abzuhalten?

Von unserer Seite aus bin ich überzeugt, dass die Maßnahmen ausreichen. Aber viele gehen trotzdem hinaus und ignorieren die Warnungen.

Gibt es keine anderen Mittel für Liftbetreiber, gegen sie vorzugehen?

Meiner Meinung nach würde es reichen, wenn sie stärker zur Verantwortung gezogen würden, wenn sie außerhalb der Pisten herumfahren. Sie sollen sich der Gefahr bewusst sein. Deshalb bin ich dafür, dass sie sich für alle Aktivitäten abseits der Piste versichern müssen. Viele können nicht einschätzen, was für einen Aufwand etwaige Rettungsmaßnahmen verursachen und was für ein Kostenfaktor das auch ist. Insbesondere das Verhalten von Skifahrern, die selbst Familie haben, ist es oft sehr leichtsinnig.

Können Liftbetreiber für Lawinenabgänge haftbar gemacht werden?

Nein, außerhalb der Piste sind die Liftbetreiber nicht mehr verantwortlich. Solange sie nicht selbst die Kosten tragen müssen, denken die Freerider nicht nach. Im Skigebiet selbst passiert eigentlich selten etwas. Da werden die Lawinenhänge vorsorglich entweder abgesichert oder abgesprengt. Außerhalb können wir gar nichts machen.

Wie hoch sind die Kosten für solche Maßnahmen wie Sprengungen oder Absicherungszäune?

Die Maßnahmen sind schon teuer. Aber aus Sicherheitsgründen sind wir dafür verantwortlich und sind auch zur Stelle und gewährleisten auf den Pisten selbst Sicherheit. Die Probleme beginnen außerhalb, sobald angefangen wird ohne Hirn überall herumfahren.

Denken Sie, dass eine Abschreckungskampagne wie etwa im Straßenverkehr sinnvoll wäre?

Auf jeden Fall. Damit diese Freerider auch Verantwortung übernehmen und Risiken abschätzen, anstatt ohne zu überlegen in Gefahrensituationen geraten. Wenn ein junger Mensch unter eine Lawine kommt, ist das schon eine schlimme Tragödie, aber die ganzen Helfer wie etwa die Bergrettung, begeben sich alle deshalb auch in Gefahrensituationen.

Wieso ist das Fahren außerhalb der Pistenbegrenzung für viele so attraktiv?

Einfach weil es geil ist. Weil es etwas anderes ist. Das ist auch in Ordnung, aber sie müssen sich selbst verantworten dafür. Wenn man etwa bei extremen Wellen schwimmen geht, muss man sich bewusst sein, dass man sterben kann.  Die Menschen sind sich oft einfach der Gefahr nicht mehr bewusst.

Interview: Florian Niedermair

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