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Bitte um Antwort

Arnold Schuler

Arnold Schuler

Das Regierungskommissariat versucht im Streit zwischen Landtagsabgeordneten und Bürgermeistern zu schlichten. Nun fühlen sich beide Seiten als Sieger.

Von Anton Rainer

Der Konflikt zwischen Bürgermeistern und Landtagsabgeordneten schwelt bereits seit vergangenem Frühjahr, spätestens im Juli wurde er virulent. Damals verschickte Andreas Schatzer ein Gutachten an alle Südtiroler Gemeinden, mit dem er der alltäglichen „Anfragenflut“ ein für alle mal ein Ende bereiten wollte. Immer wieder, so der Gemeindenverbandspräsident, hätten die Abgeordneten das „sakrosankte“ Recht auf Information missbraucht und von den ohnehin bereits überarbeiteten Bürgermeistern die unmöglichsten Statistiken verlangt – zu Speed-Check-Boxen, Ausschuss-Kosten, Zweitwohnungen und Co. „Die Gemeinden sind in ihrer Arbeit jetzt schon ausgelastet“, meinte Schatzer im Sommer, „zusätzliche Kontrolle brauchen wir nicht.“ Die Landtagsabgeordneten, allen voran Freiheitlichen-Obmann Walter Blaas und BürgerUnion-Chef Andreas Pöder sahen hingegen ihre Kontrollpflicht in Gefahr – und schlugen gemeinsam mit ihrem Kollegen Paul Köllensperger (Movimento 5 Stelle) beim Regierungskommissariat Alarm. Wie stark ist denn nun das Auskunftsrecht der Landtagsabgeordneten?

Ziemlich stark, findet Regierungskommissärin Elisabetta Margiacchi, und klärt die Volksvertreter in einem sieben Seiten starken Mini-Gutachten über ihre ureigenste Aufgabe auf. Am 31. Jänner zugestellt, liegt das Dokument der TAGESZEITUNG vor. Zum einen zitiert Margiacchi darin ein staatliches Dekret aus dem Jahr 2000, in dem es heißt: „Gemeinderatsmitglieder und Landtagsabgeordnete haben Anspruch darauf, von den Gemeinden und dem Land sämtliche verfügbare Auskünfte und Informationen zu bekommen, die ihnen zur Ausübung ihres Mandats dienlich sind.“ Nur das Amtsgeheimnis sei in jedem Fall „zu beachten.“

Doch damit nicht genug: Laut Regierungskommissariat ist es den Landtagsabgeordneten ebenfalls ausdrücklich erlaubt, „ihre Aufsichtsbefugnis auch mit Bezug auf die von der Landesverwaltung den Gemeinden übertragenen Zuständigkeiten“ auszuüben – ein Recht, das bei Themenbereichen, „die in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinde fallen“, allerdings nicht gegeben ist.

Für Gemeindenlandesrat Arnold Schuler ist diese Einschränkung ein mehr als eindeutiges Signal dafür, dass die Bürgermeister ihre Antworten mit vollem Recht verweigerten: „Klarer könnte die Sache gar nicht sein“, sagt Schuler, „spätestens seit der Verfassungsreform 2001 sind so gut wie alle Bereiche ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinden.“ Weil sie Provinz und Region nicht mehr „untergeordnet“ sondern gleichgestellt sind, werden den Bürgermeistern laut Schuler lediglich „Kindergärten, Impfprophylaxen und ein, zwei andere Sachen“ auf Landesebene delegiert. Der Rest passiere autonom – fernab der Kontrolle lästiger Landtagsabgeordneter.

Die sehen das freilich ein bisschen anders: „Das Regierungskommissariat stellt klar, dass wir ein uneingeschränktes Auskunftsrecht haben“, freut sich Andreas Pöder, „man muss uns erschöpfend antworten.“ Und die Sache mit den Zuständigkeiten? „Da gibt es Interpretationsspielraum“, so der BürgerUnion-Chef. Ob Speed-Check-Boxen, Assessoren oder Zweitwohnungen: Die alleinige Zuständigkeit habe eine Gemeinde laut Meinung der Abgeordneten „fast nie“, immer würden Regional- oder Landesgesetze den rechtlichen Rahmen festlegen. Ähnlich groß ist die Freude bei den Freiheitlichen: „Das ist eine gute Nachricht“, sagt Walter Blaas, „exklusive Kompetenzen haben die Gemeinden nur bei Märkten und der Müllordnung, und selbst da müssen sie eine Nicht-Antwort ausführlich begründen.“

Sicher ist nun vor allem eines: Mit ihrem Schreiben hat Regierungskommissärin Elisabetta Margiacchi beiden Seiten Munition für ihren Kompetenzen-Kampf geliefert. Einlenken möchte niemand. „Wir geben sicher nicht nach“, sagen die Abgeordneten, die über den Movimento 5 Stelle eine parlamentarische Initiative starten wollen, um den Bürgermeistern auf die Pelle zu rücken. Und wenn das nicht klappt, bleibt immer noch der Weg über die Gerichte.

Der Vollständigkeit halber: Das Regierungskommissariat empfiehlt zur Klärung künftiger Kompetenzkonflikte eine Überarbeitung der Landtags-Geschäftsordnung, „um über klarer definierte zweckgebundene Kriterien verfügen zu können.“ Eine Änderung, die sicher nicht schaden könnte.

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