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Stummer Hilfeschrei

frau gewalt mannRund ein Viertel aller Patienten, die in die Innsbrucker Klinik kommen, sind laut einer Studie Opfer von körperlicher, sexueller oder verbaler Gewalt. 

Rund ein Viertel aller Patienten, die in die Innsbrucker Klinik kommen, sind laut einer Studie Opfer von körperlicher, sexueller oder verbaler Gewalt.

Die berichtet ORF Tirol unter Berufung auf einer Patientenumfrage.

Die Ergebnisse der in den Ambulanzen anonym durchgeführten Befragungen zeigen, dass von den 1.800 Personen 26,3 Prozent gegenwärtig Opfer von Gewalt sind. Bei 60 Prozent ist die Partnerin oder der Partner der Täter.

Die Umfrage bezog sich auf das Gewalterleben der Patienten in den vergangenen drei Jahren. Abgefragt wurden nicht nur körperliche und sexuelle Übergriffe, sondern auch psychische Angriffe wie Demütigungen.

Gewalt geht durch alle Bevölkerungsschichten
Die Betroffenen seien in allen Bevölkerungsschichten zu finden, sagt Astrid Lampe, die stellvertretende Direktorin der Uniklinik für Medizinische Psychologie, gegenüber ORF Tirol:

„Es gibt keine bestimmte Altersgruppe, auch die Geschlechter sind verteilt. Wir können auch nicht sagen, dass Gewalt nur in einem bestimmten Bildungsniveau stattfindet. Aber wenn Gewalt bereits in der Kindheit erlebt wird, dann hat man ein höheres Risiko sich später in Gewaltbeziehungen wiederzufinden.“

Häufung bei bestimmten Krankheitsbildern
Betroffene kämpfen meist ein Leben lang mit den Folgen, sagt Lampe: „Sie haben ein höheres Maß an Depressionen und Angst- und Stresserkrankungen. Zusätzlich haben wir bei unseren Patienten gesehen, dass Menschen, die aktuell Gewalt erleben, vor allem in der Gruppe bei den chronischen Schmerzpatienten, bei den Patienten mit Hauterkrankungen und Magen-Darm-Erkrankungen zu finden sind.“

Mitarbeiter achten auf Alarmsignale
Um auf Alarmsignale bei den Patienten zu hören, werden die Klinik-Mitarbeiter seit einiger Zeit speziell geschult, sagt Thomas Beck, Leiter der Opferschutzgruppe der Klinik Innsbruck. So sei etwa eine ängstliche Form der Beziehungsgestaltung oder dass Patienten sich selbst die Schuld geben typisch. Ziel müsse es sein, den „stummen Hilfeschrei“ verstärkt wahrzunehmen und die bestmögliche Situation für die Betroffenen herzustellen, die den Patienten Sicherheit gebe. Denn „Gewalt macht unsicher“, stellte Beck gegenüber ORF Tirol fest.

Gewalt ist immer noch ein absolutes Tabuthema. Das zeigt sich für die Studienleiter auch daran, dass Patienten mit Migrationshintergrund weniger bereit waren, an der Befragung teilzunehmen, obwohl die Fragen in mehreren Sprachen zur Verfügung standen.

Mit internationalen Zahlen vergleichbar
Insgesamt seien die erhobenen Zahlen mit internationalen Daten vergleichbar. Laut WHO-Angaben von 2013 ist beispielsweise jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von Gewalt. In Österreich sind laut Daten des Instituts für Familienforschung von 2011 etwa 28 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen von körperlicher Gewalt betroffen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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