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Gesetz für den Kamin?

landtagFraktionsmitarbeiter werden künftig direkt vom Landtag angestellt. Für den dafür notwendigen Zweisprachigkeits-Nachweis aber dürfen sie sich in erster Anwendung fast fünf Jahre Zeit lassen.

Von Anton Rainer

Es ist eine Gnadenfrist, die selbst den Grünen etwas zu barmherzig war: „Aus unserer Sicht sind diese Zeiten einfach ein bisschen zu lang“, sagt der Landtagsabgeordnete Hans Heiss, „für das öffentliche Erscheinungsbild ist das alles andere als gut.“ Heiss war einer von insgesamt vier Abgeordneten der Opposition, die sich in der gestrigen Sitzung des ersten Gesetzgebungsausschusses ihrer Stimme enthielten.

Dabei ging es um einen Vorschlag, zu dem es eigentlich einen „grundsätzlichen Konsens“ gab. So sieht der Gesetzentwurf vor, dass das Personal der Fraktionen künftig vom Landtag direkt angestellt wird (die TAGESZEITUNG berichtete), allerdings mit Kollektivvertrag für den Privatsektor.

Eine weitreichende Ausnahmeregelung wird es aber für die Einhaltung der Bestimmungen zur Zweisprachigkeit geben – „eigentlich ein zentrales Requisit für diese Stellen“, so Hans Heiss.

In erster Anwendung des Gesetzes haben die Mitarbeiter dank dieser großzügigen Regelung 24 Monate Zeit, um irgendeinen Zweisprachigkeitsnachweis (auch Stufe D) zu erlangen, wobei dieser noch nicht der jeweiligen Funktionsebene entsprechen muss. Für letztere Voraussetzung wird eine weitere Frist von 30 Monaten eingeräumt – ansonsten erfolgt eine Rückstufung in der Besoldung.

Faktisch bedeuten diese Gnadenfristen, dass innerhalb der aktuellen Legislaturperiode kein einziger bereits angestellter Fraktions-Mitarbeiter seine Zweisprachigkeit nachweisen muss. Für einen Nachweis der Stufe A oder B haben die oft abwertend als „Portaborse“ bezeichneten Angestellten sogar fast fünf Jahre Zeit. Ein zu lascher Kompromiss?

„Ja“, findet der Freiheitliche Pius Leitner. Er befürchtet, dass der Vorschlag eine Angriffsfläche für neue Privilegien-Diskussionen bieten könnte – und hat bereits einen Änderungsvorschlag eingereicht. „So wie der Artikel jetzt verfasst ist“, meint Leitner, „würde diese 30-Monate-Frist bei jeder Legislaturperiode wieder gelten.“

Weil der Auftrag für einen Fraktionsmitarbeiter nach spätestens fünf Jahren automatisch verfällt, könnte der Landtag theoretisch zur ständigen Auszahlung überhöhter Gehälter für jeweils eine halbe Legislaturperiode gezwungen werden – ohne dass die Mitarbeiter den nötigen Zweisprachigkeitsnachweis besitzen.

„Diese Regelung muss gestrafft werden“, sagt Leitner. Er fordert eine einmalige Schonfrist, die in künftigen Legislaturen nicht mehr gilt.

Klar ist indes: Allzu lange haben die Fraktionen nicht mehr Zeit, sich auf eine einheitliche Position zu einigen. Endet das Verfassungsreferendum am 4. Dezember mit einem Ja, ohne dass die Anstellung der Mitarbeiter gesetzlich geklärt ist, „stehen die Leute im schlimmsten Fall auf der Straße“, so Pius Leitner.

Auch deshalb ziehen Opposition und Mehrheit in dieser Frage an einem Strang: Das Gesetz, verspricht Kommissions-Vorsitzende Magdalena Amhof (SVP), soll noch vor dem Referendum verabschiedet werden, also „in der Landtagssitzung Ende November.“ Und wenn am 4. Dezember doch das Nein gewinnt? „Dann“, kommentiert Hans Heiss trocken, „ist das Gesetz ohnehin für den Kamin gewesen.“

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