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Biopic

Der Film „Lou Andreas-Salomé“ wird mir diese interessante Intellektuelle näher bringen, dachte ich. Hat er aber leider nicht.

von Renate Mumelter

Trotz Germanistikstudiums in Österreich habe ich nie eine Zeile von Lou Andreas-Salomé (1861-1937) gelesen – ich geb’s gerne zu. Vermutlich bin ich mit dieser Lücke nicht allein. Der in Südtirol (Kalterer See, Ritten, Castelfeder) gedrehte Film über sie hilft auch nicht weiter. Er bestätigt nur das, was ich im Hinterkopfnebel bereits abgespeichert hatte: dass die Frau eine Muse gewesen sein soll.

Ein paar Klicks im Internet genügen allerdings, um herauszufinden, dass die in St. Petersburg Geborene keineswegs nur bezaubert hat sondern vor allem ein umfassendes Werk hinterlassen hat. Gehütet und gepflegt wurde Lou Andreas-Salomés Nachlass von Ernst Pfeiffer.

Der Germanist war von der Autorin in ihren letzten Lebensjahren damit beauftragt worden, ihre Erinnerungen aufzuzeichnen. 1951 gab Pfeiffer diese Mitschriften als „Lebensrückblick“ heraus. Dieser Rückblick liefert den roten Faden, an dem sich Cordula Kablitz-Posts Film entlanghangelt. Angesichts der spannenden Männergeschichten vergisst der Film aber, auf die Autorin Lou Salomé einzugehen. In den Zitaten kommen eher Promis wie Rilke, Nietzsche oder Freud zu Wort als sie selbst samt ihrer Arbeit als Schriftstellerin, Philosophin und Psychoanalytikerin. Deshalb ist nach dem Film ein Ausflug in die reale oder digitale Bibliothek dringend nötig.

Eines zeigen aber auch die biographischen Spotlights: Lou Salomé hat sich nichts vorschreiben lassen, weder den Glauben noch den Lebenswandel, weder das Lieben noch das Denken und wohl auch nicht das Schreiben. Sie war alles andere als konventionell.

Der Film über sie erzählt in konventionellen Bildern, mit konventionellem Schauspiel und in den üblichen Rückblenden. Die Übergänge zwischen den Zeitebenen haben allerdings eine besondere Qualität. Hier kommen alte Fotomotive zum Einsatz, in denen einzelne Figuren zu Leben erwachen. Eine gute Idee, überzeugend umgesetzt. Der Rest des Films macht im besten Fall auf Lou Andreas-Salomés Werk neugierig.

Lou Andreas-Salomé (D/A 2016), 113 min., Regie: Cordula Kablitz-Post. Bewertung: Biopic mit eigentümlichem Schwerpunkt

Was es sonst noch gibt:
„Un padre, una figlia“ (Bacalaureat) von Cristian Mungiu, Regiepreis in Cannes 2016

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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