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Countdown zur Landung

Countdown zur Landung

Am heutigen Sonntag stimmt Südtirol über die Zukunft des Bozner Flughafens ab. Die TAGESZEITUNG klärt alle Details zur Volksbefragung.

von Anton Rainer

Nach monatelangen Debatten um eines der heißesten Südtiroler Reizthemen ist es heute soweit: Wahlberechtigte im ganzen Land dürfen bei der Volksbefragung zum Flughafengesetz über Finanzierung und Konzept des Bozner Airports abstimmen.

Worüber wird eigentlich abgestimmt?

Der Ausgang der Volksbefragung bestimmt indirekt über die Zukunft des Bozner Flughafens. Die Wähler entscheiden sich für oder gegen die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs 60/2015, „Bestimmungen zum Flughafen Bozen.“ Artikel 2 kündigt die Entwicklungsziele auf Basis des Entwicklungskonzepts an, Artikel 3 regelt die Finanzierung durch die öffentliche Hand.

Was passiert, wenn die Bevölkerung zum Gesetzesentwurf mehrheitlich Ja sagt?

Bei einem Ja unterstützt das Land Betrieb und Investitionen am Flughafen Bozen bis 2022 fünf Jahre lang mit 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Erreicht der Flughafen ab dem 1. Jänner 2022 eine Mindestzahl von 170.000 Fluggästen, zahlt das Land weiterhin 1,5 Millionen pro Jahr. Bleibt die Passagierzahl darunter, stellt die öffentliche Hand ihre Finanzierung ein. Die Ankündigung der Handelskammer, den Flughafen mit jährlich 2,5 Millionen Euro zu unterstützen, ist von der Volksbefragung nicht betroffen – ebenso wenig wie eine komplette Einstellung des Flugbetriebs.

Bezieht sich die Volksbefragung nur auf die Finanzierung?

Nein, Artikel 2 des Gesetzesentwurfs bestimmt die strategische Ausrichtung des Flughafens dafür notwendige Maßnahmen. Dazu gehören der Ausbau der Start- und Landebahn auf 1.462 Meter, um neben Propellerflugzeugen auch Düsenjets (Boeing 737-700 oder Airbus A319) zu ermöglichen, die Einrichtung einer direkten Zuganbindung sowie die Abfertigung von bis zu 700.000 Passagieren bis 2035. Dann könnte der Flughafen erstmals schwarze Zahlen schreiben.

Was passiert, wenn die Bevölkerung zum Gesetzesentwurf mehrheitlich Nein sagt?

Bei einem Nein stellt das Land die öffentliche Finanzierung ein, die Betreibergesellschaft ABD müsste liquidiert werden. Die Konzession würde nach derzeitigem Stand europaweit ausgeschrieben, private Betreiber könnten sich darum bewerben. Wie realistisch dieses Szenario ist, war in den letzten Wochen Mittelpunkt zahlreicher Debatten. In jedem Fall müsste sich ein Privater an die durch das Land gesetzten Grenzen für den Flugbetrieb halten – etwa ein Verbot der Nachtflüge, eine Beschränkung des Ausbaus oder ein Limit der täglichen Flugbewegungen.

Was ist eigentlich mit der Umweltverträglichkeitsprüfung?

Um die Entwicklungsziele umzusetzen, braucht es laut Gesetzesentwurf eine Landebahnlänge von 1.462 Metern – genehmigt wurde bis jetzt aber nur eine Länge von 1.432. Die letzten 30 Meter, die laut technischem Gutachten entscheiden könnten, ob größere Flugzeuge in Bozen landen könnten, warten noch auf eine endgültige Genehmigung. Das Verfahren der im März durch den Umweltbeirat des Landes geforderten Umweltverträglichkeitsprüfung wurde noch nicht eingeleitet, da die Flughafengesellschaft das Ergebnis der Volksbefragung abwarten will.

Wie viele Menschen müssen am Sonntag zur Wahl gehen, damit die Befragung gültig ist?

Offiziell gilt dasselbe Beteiligungsquorum wie bei im Jahr 2009, also 40 Prozent. Landeshauptmann Arno Kompatscher versichert aber, sich in jedem Fall an das Abstimmungsergebnis halten zu wollen. Dasselbe gilt für den bindenden Charakter der Befragung: Ähnlich wie die Befragung zum Bozner Benko-Kaufhaus handelt es sich auch bei der Volksbefragung zum Flughafengesetz nicht um ein bindendes Referendum. Erneut gilt das Wort des Landeshauptmanns: Bindend ist, was für bindend erklärt wurde.

Wird der Flughafen Bozen bei einem Nein zugesperrt?

Sollte sich die Bevölkerung dagegen aussprechen, bleiben die 50 Hektar Gelände im Eigentum des Staates. Findet eine europaweite Ausschreibung nach dem Ausstieg des Landes keinen privaten Interessenten, folgt laut Flugsicherheits-Behörde ENAC eine zweite Ausschreibung. Erst dann ist eine mögliche Schließung überhaupt denkbar. Auf Gegner-Seite hofft man auf einen (teilweise angekündigten) Übergang der Struktur in Landeshand.

Starten bei einem Ja künftig Charter-Flüge von Bozen nach Ibiza?

Mögliche Destinationen im Flughafenkonzept sind unter anderem London, Amsterdam, Oslo, Berlin und Paris, aber auch typische Urlaubsregionen wie Ibiza, Mallorca, Kreta oder Zypern. Ob es vonseiten der Fluglinien dafür Interesse gibt, ist derzeit unklar, bisherige Gesprächspartner will man erst nach der Volksabstimmung einbinden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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