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Chiaras Abschied

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Chiara Avanzo blickt auf eine bewegte Zeit zurück: Die ehemalige Regionalratspräsidentin über ihre unschöne Absetzung durch die eigenen Parteikollegen, die Erfolge in der Renten-Affäre – und über ihr gutes Verhältnis zu Thomas Widmann.

TAGESZEITUNG Online: Frau Avanzo, bei der Wahl zum neuen Vizepräsidenten kam es im Regionalrat zu peinlichen Szenen. Das Amt, das Sie eineinhalb Jahre lang bekleidet haben, wurde durch parteiinterne Streitereien schwer beschädigt. Warum hat Ihre Partei, der PATT, Sie fallen gelassen, obwohl Ihre Arbeit von allen Abgeordneten anerkannt und gelobt wurde?

Chiara Avanzo: Das ist eine Frage, auf die ich leider nicht antworten kann. Dazu müssen Sie die Spitze meiner Partei befragen. Innerhalb meiner Fraktion gab es ein Abkommen, das vorsah, dass der Abgeordnete Walter Kaswalder an meine Stelle treten und das Amt des Vizepräsidenten bekleiden werde. Dieses Abkommen konnte aber nicht eingehalten werden, weil die Trentiner Mehrheitsparteien ihr Veto eingereicht hatten. Trotz der gegebenen Umstände hat die Spitze meiner Partei bedauerlicherweise nicht das Gespräch mit mir gesucht. Ich weiß nicht, warum sie sich derart verhalten hat.

Wie groß ist der Schaden für den PATT nach dem internen Zerwürfnis?

Die Partei hat einige Dellen abbekommen … Ich denke, dass wir uns in den nächsten Tagen treffen und darüber reden werden. Wir müssen versuchen, jene Dinge in Ordnung zu bringen, die nicht akzeptabel sind. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, derartige Fehler, die leicht vermeidbar gewesen wären, nicht mehr zu begehen.

Blicken wir auf Ihre Amtszeit zurück: Was ist das Geheimnis einer guten und effizienten Präsidentschaft?

Ich glaube nicht, dass es ein Geheimnis gibt. Es bedarf aber einiger Grundsätze wie der Einhaltung der Geschäftsordnung. Es braucht weiters Hausverstand, Anstand und ein bisschen Demut. Alle Abgeordneten sind Vertreter der Bürger – und deshalb ist es wichtig, ihnen zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse zu achten. Auch die Kritiken, die mir entgegengekommen sind, haben mir geholfen, weiter zu wachsen.

Im Regionalrat war oft ein harscher Ton gegenüber den Vertretern der Mehrheit zu vernehmen. Wie haben Sie diese angespannten und aufgeheizten Momente erlebt?

Die beiden politischen Gegenspieler – sprich Mehrheit und Minderheit – werden immer ihre Auseinandersetzungen haben. Damit leisten sie einen wertvollen Beitrag für das Plenum und für die Politik allgemein. Manchmal erhitzen sich die Gemüter – in diesen Momenten ist es wichtig, die Situation unter Kontrolle zu halten.

Bei der Debatte über das Bozner Wahlgesetz ist der Regionalrat im Chaos versunken. Es wird gemunkelt, Sie seien sehr froh darüber gewesen, dass Thomas Widmann in der Sitzung für Sie eingesprungen ist, um die Situation zu retten …

Ich war sicher nicht froh darüber: Meine Abwesenheit war durch einen Trauerfall bedingt.

Gab es für Sie auch besonders emotionsreiche Momente?

Die Aufgabe, dem Regionalrat vorzustehen, der wie kein anderes Gremium unsere Autonomie und alle Bürger unseres Landes repräsentiert, kann nicht anders als spannend und bewegend zu sein. Oft war bei mir durchaus Anspannung vorhanden, aber ich spürte gleichzeitig auch große Genugtuung und Freude. Wir sind als Regionalratspräsidium große Herausforderungen angegangen – als erstes ist hier sicher die Neuregelung der Leibrenten zu nennen.

Haben Sie nie daran gedacht, Ihren Job an den Nagel zu hängen?

Nein. Wenn ich eine politische Aufgabe übernehme, dann ziehe ich diese bis zum Ende durch, immer mit dem Vorsatz, das Beste zu geben. In meiner Zeit als Präsidentin konnte ich viel Erfahrung sammeln. Das hat mir ermöglicht, jene Sicherheit zu erlangen, mit der ich heute voller Stolz auf meine Arbeit zurückzublicken kann. Mit Sicherheit konnte die Arbeit nicht komplett abgeschlossen werden, aber ich wage zu behaupten, dass es uns – nach anfänglicher Schwierigkeit – am Ende gelungen ist, einen Weg einzuschlagen, der heute einfacher fortgesetzt werden kann. Ich konnte dabei auf die Hilfe von vielen Abgeordneten und den Mitarbeitern des Regionalrats zurückgreifen, wodurch wir gewinnbringend arbeiten konnten.

Wird Thomas Widmann die harte Linie in der Renten-Affäre beibehalten und tatsächlich eine Zwangseintreibung der geschuldeten Vorschüsse vornehmen?

Präsident Widmann stand als Vizepräsident immer an meiner Seite und hat alle Entscheidungen, die unter meiner Präsidentschaft getroffen wurden, auch mitgetragen. Wir haben gemeinsam und konstruktiv gearbeitet. Ich habe mit Thomas Widmann eine kompetente, aufmerksame und aufgeschlossene Person kennengelernt. Ich gehe davon aus, dass er seine Haltung nicht ändern wird und den Kurs fortfährt, den er in den vergangenen Jahren gefahren ist.

Interview: Matthias Kofler

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