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Lampedusa 

Unser aller Egotrip nimmt gerade ungute Ausmaße an, hier und anderswo. Dagegen hilft ein Blick nach draußen. Immer wieder und immer wieder neu.

von Renate Mumelter

Mein Lesetipp zum Thema: die 2014 bei Suhrkamp erschienene Reportage „Über das Meer“ von Wolfgang Bauer. Kinotipps zum Thema: „Die Schwalbe“ von Mano Khalil, „Fuocoammare“ von Gianfranco Rosi und „Lampedusa im Winter“ von Jakob Brossmann.

All diese Arbeiten erzählen uns Selbstverliebten, im warmen Nest Sitzenden, wie es draußen in der Welt zugeht. Brossmann hat genauso wie Rosi viel Zeit auf Lampedusa verbracht, um einen Dokumentarfilm über die Insel und die Situation der Flüchtlinge dort zu drehen. Er erzählt von derselben Situation wie Rosi, trotzdem hat er einen anderen Blick auf das Ganze. „Lampedusa im Winter“ zeigt, wie die Insel wirklich aussieht: wie ein ganz normaler Ort unserer Zeit auf einer Mittelmeerinsel mit Läden, Bars, Mietshäusern, Autos, Straßen, Fischern, Gewerkschaften, einer Fähre, einer Bürgermeisterin. Rosi hingegen rückt etwas spekulativ den archaischen Touch der Insel in den Vordergrund, fokussiert den Blick auf ganz Junge und ganz Alte, kratzt an existentiellen Fragen. Und er zeigt echte Tote. Das alles begleitet von Fischerliedern aus einem der Lampedusaner Radiosender.  Peppiger ist die Musik, die der Insel-Radiosender in Brossmanns Film bringt. Hier hält der Sprecher über die politische Entwicklung am Laufenden, berichtet vom Überlebenskampf der Insulaner ohne funktionierende Fähre, vom Streik der verzweifelten Fischer. Brossmann zeigt die engagierte Bürgermeisterin, Giusi Nicolini, die für die Insel als Lebensort für Einheimische und als Anlaufstelle für Flüchtlinge zu sorgen hat. Es gibt engagierte, kluge Freiwillige und es gibt murrende Insulaner, denen das Neue gar nicht gefällt. „Lampedusa im Winter“ erzählt Wichtiges und Wissenswertes von der harten Realität, „Fuocoammare“ lädt zum Nachdenken über Leben und Tod ein. Am besten wäre es, beide Filme gesehen zu haben.

Lampedusa im Winter (A, I, CH 2015), 93 Min., Regie: Jakob Brossmann, Schnitt, Koproduktion: Nela Märki, Koproduktion: Valerio Moser, Miramonte Film. Bewertung: Ein Muss

Was es noch gibt zum Thema: „Wo ist Heimat?“ von Christine Helfer auf Rai Südtirol (Teil 1, 30/4, 18.30, Teil 2, 6/5 21.15, 7/5, 18.30)

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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