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„Bin enttäuscht“

„Bin enttäuscht“

Landeshauptmann Arno Kompatscher übt im Interview mit „Spiegel Online“ deutliche Kritik an den Grenzmanagement-Plänen Österreichs: 70 Jahre europäischer Einigung würden leichtfertig aufs Spiel gesetzt.

Arno Kompatscher wird in dem Interview mit „Spiegel Online“ gefragt, ob er von Wien enttäuscht sei, nachdem Österreich nicht um sein Einverstädnis in Sachen Grenzzaun gefragt worden sei.

Der LH äußert sich deutlich:

„Ich bin zunächst enttäuscht von der Rhetorik, die mit den angekündigten Maßnahmen verbunden ist. Österreichs Verteidigungsminister Peter Doskozil hat sich zuletzt dahin verstiegen, von einer Totalschließung am Brenner zu sprechen, die notfalls umgesetzt werden müsse. Ich bin aber sicher: Zäune werden das Problem nicht dauerhaft lösen. (…) Jetzt scheint man den Plan A, eine gemeinsame europäische Initiative, vergessen zu haben. Das ist sehr bedauerlich.“

Die österreichischen Pläne, so betont Kompatscher, seien „sicher nicht gegen die Südtirolerinnen und Südtiroler gerichtet“. Allerdings vermisse er „schon bei einigen Mitgliedern der österreichischen Regierung das Verständnis für die Symbolik der Brenner-Grenze“.

„Für uns ist der Brenner die Unrechtsgrenze, sie ist einst nach dem Ersten Weltkrieg gegen jede völkerrechtliche Regel errichtet worden. Der Brenner ist aber zugleich ein Symbol für das Überwinden von Grenzen, ein Symbol für den europäischen Einigungsprozess. Österreich stellt jetzt mit seinem Vorgehen auch das Zusammenführen des historischen Tirol jenseits von nationalstaatlichen Ideen in Frage – das wiegt schwer“, kritisiert der LH.

Und weiter:

„Ich habe das Gefühl, dass sich manche der handelnden Personen der Bedeutung nicht bewusst sind: Sie setzen 70 Jahre europäische Einigung aufs Spiel. Sie riskieren damit das größte Friedensprojekt der Geschichte, das uns auch Wohlstand gebracht hat – und das alles, weil man offenbar die nächsten Wahlen oder Umfragen fürchtet. Staatsmännisches Verhalten sieht anders aus.“

Zwar habe er Verständnis, dass aufgrund von Hunderttausenden Menschen, die in Libyen auf ihre Überreise nach Europa warteten, Österreich zu dem Ergebnis komme, dass es so nicht weitergehen könne.

„Aber man wird die Menschen ja nicht stoppen, indem man den Brenner schließt. Es ist auch keine europäische Herangehensweise, wenn einzelne Länder das Problem jetzt so lösen wollen, dass man die Belastungen anderen überlässt. Man braucht also eine gemeinsame europäische Initiative“, so Kompatscher gegenüber „Spiegel Online“.

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