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„Geschwätz über Südtirol“

mein kampf teil 1Das Münchner Institut für Zeitgeschichte hat eine kritische Edition von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ herausgegeben. TAGESZEITUNG Online zitiert die Südtirol betreffenden Passagen – nebst einer zentralen Anmerkung des IfZ.

„Ich muß dabei eines besonderen Steckenpferdes gedenken, das in diesen Jahren der Jude mit außerordentlicher Geschicklichkeit ritt: Südtirol.

Jawohl, Südtirol. Wenn ich mich hier an dieser Stelle gerade mit dieser Frage beschäftige, dann nicht zum letzten, um eine Abrechnung zu halten mit jenem allerverlogensten Pack, das, auf die Vergeßlichkeit und Dummheit unserer breiteren Schichten bauend, sich hier anmaßt, eine nationale Empörung zu mimen, die besonders den parlamentarischen Betrügern ferner liegt als einer Elster redliche Eigentumsbegriffe.

Ich möchte betonen, daß ich persönlich zu den Leuten gehörte, die, als über das Schicksal Südtirols mitentschieden wurde – also angefangen vom August 1914 bis zum November 1918 – sich dorthin stellten, wo die praktische Verteidigung auch dieses Gebietes stattfand, nämlich in das Heer. Ich habe in diesen Jahren meinen Teil mitgekämpft, nicht damit Südtirol verlorengeht, sondern damit es genau so wie jedes andere deutsche Land dem Vaterland erhalten bleibt.

Wer damals nicht mitkämpfte, das waren die parlamentarischen Strauchdiebe, dieses gesamte politisierende Parteigesindel. Im Gegenteil, während wir in der Überzeugung kämpften, daß nur ein siegreicher Ausgang des Krieges allein auch dieses Südtirol dem deutschen Volkstum erhalten würde, haben die Mäuler dieser Ephialtesse gegen diesen Sieg so lange gehetzt und gewühlt, bis endlich der kämpfende Siegfried dem hinterhältigen Dolchstoß erlag. Denn die Erhaltung Südtirols in deutschem Besitz war natürlich nicht garantiert durch die verlogenen Brandreden schneidiger

Parlamentarier am Wiener Rathausplatz oder vor der Münchener Feldherrnhalle , sondern nur durch die Bataillone der kämpfenden Front. Wer diese zerbrach, hat Südtirol verraten, genau so wie auch alle anderen deutschen Gebiete.

Wer aber heute glaubt, durch Proteste, Erklärungen, vereinsmeierliche Umzüge usw. die Südtiroler Frage lösen zu können, der ist entweder ein ganz besonderer Lump oder aber ein deutscher Spießbürger.

Darüber muß man sich doch wohl klar sein, daß die Wiedergewinnung der verlorenen Gebiete nicht durch feierliche Anrufungen des lieben Herrgotts erfolgt oder durch fromme Hoffnungen auf einen Völkerbund, sondern nur durch Waffengewalt.

Es fragt sich also nur, wer bereit ist, mit Waffengewalt die Wiedergewinnung dieser verlorenen Gebiete zu ertrotzen.

Was meine Person betrifft, könnte ich hier bei gutem Gewissen versichern, daß ich soviel Mut noch aufbrächte, um an der Spitze eines zu bildenden parlamentarischen Sturmbataillons, bestehend aus Parlamentsschwätzern und sonstigen Parteiführern sowie verschiedenen Hofräten, an der siegreichen Eroberung Südtirols teilzunehmen. Weiß der Teufel, es sollte mich freuen, wenn einmal über den Häuptern einer derartig „flammenden“ Protestkundgebung plötzlich ein paar Schrapnelle auseinandergingen. Ich glaube, wenn ein Fuchs in einen Hühnerstall einbräche, könnte das Gegacker kaum ärger sein und das In-Sicherheit-Bringen des einzelnen Federviehs nicht beschleunigter erfolgen als das Ausreißen einer solchen prachtvollen „Protestvereinigung“.

Aber das Niederträchtigste an der Sache ist ja, daß die Herren selber gar nicht glauben, auf diesem Wege irgend etwas erreichen zu können. Sie kennen die Unmöglichkeit und Harmlosigkeit ihres ganzen Getues persönlich am allerbesten. Allein, sie tun eben so, weil es natürlich heute etwas leichter ist, für die Wiedergewinnung Südtirols zu schwätzen, als es einst war, für seine Erhaltung zu kämpfen. Jeder leistet eben seinen Teil; damals opferten wir unser Blut, und heute wetzt diese Gesellschaft ihre Schnäbel“

ANMERKUNG DES IfZ:

Hitlers Polemik gegen „vereinsmeierliche Umzüge“ zielte im Besonderen auf die Proteste nationaler Verbände, etwas des Vereins für das Deutschtum im Ausland, aber auch des in Bayern populären Andreas-Hofer-Bunds. Zugleich wandte sich Hitler gegen eine Forderung des linken Flügels der NSDAP um Gregor Straßer, der in seinem Programmentwurf von 1925/26 die Vereinigung aller Deutschen in den Grenzen von 1914 gefordert hatte – unter Einbeziehung Österreichs und Südtirols. Hitler signalisierte indes seine Bereitschaft zugunsten eines Bündnisses mit Italien auf Südtirol zu verzichten.

Wie sehr aus seiner Sicht die Südtirolfrage das von ihm als notwendig erachtete Bündnis mit Italien gefährdete, erklärte er schon am 14. 11. 1922 auf einem Sprechabend der NSDAP: Nach einem Bericht der Münchner Post äußerte er: „Mit Italien, das seine nationale Wiedergeburt erlebt und eine große Zukunft hat, muß Deutschland zusammengehen. Dazu ist nötig ein klarer und bündiger Verzicht Deutschlands auf die Deutschen in Südtirol. Das Geschwätz über Südtirol, die leeren Proteste gegen die Faschisten schaden uns nur, da sie uns Italien entfremden.“

Am 6. 3. 1929 verteidigt Hitler vor dem Amtsgericht München seine „Auffassung, dass der Verzicht auf Elsass-Lothringen, auf die deutschen Gebiete in Polen, in der Tschechoslowakei wesentlich schwerer wiegt, als der Verzicht auf Südtirol. Die Haltung bringt Deutschland um die Möglichkeit, mit dem einzigen Staat in ein Bündnisverhältnis zu treten, dessen Interessen sich mit denen Frankreichs widerstreiten und verhindert dadurch die Wiederherstellung der deutschen Souveränität.“

Konkurrierende völkische Autoren, insbesondere Albrecht von Graefe, bezeichneten Hitlers Position bis in die 1930er Jahre als „Verrat“. Doch auch innerhalb der NSDAP stieß Hitlers Position auf starke Kritik. Der spätere Generalgouverneur im deutsch besetzten Polen, Hans Frank, trat im August 1926 sogar kurzzeitig aus der Partei aus.

TEIL II erscheint morgen auf TAGESZEITUNG Online.

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