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Gratis-Politiker

TAGESZEITUNG-Herausgeber Arnold Tribus erklärt in seinem Leitartikel: Warum ich für Gratis-Abgeordnete im Landtag bin. 

Die Politikergehälter sind politisch immer ein Thema, mit dem man Aufsehen erregen und den Volkszorn schüren kann. Nicht nur das Wutbürgertum hat seine helle Freude daran, wenn gegen die Politiker und ihre als maßlos hoch empfundenen Gehälter geschimpft wird.

Allen inkazzierten Netzschreibern und allen Politikverdrossenen und Politikhassern wird es immer warm ums Herz, wenn irgendwer die Reduzierung der Politikergehälter fordert.

Man hört das ja auch täglich, wenn es um die Finanzierung irgendeiner beliebigen Sache geht und es aus dem Land heißt, man müsse kürzen, weil das Geld knapper werde: Was, maulen dann die Leute, die Politiker sollten sich doch ihre üppigen Gehälter kürzen und alle ihre Privilegien abschaffen, dann gäbe es Geld genug für alle. Pfui, nimmersatte Politiker!

Das ist nun mal so, das muss sich jeder Politiker gefallen lassen. Keine Kategorie, kein Gehaltsempfänger muss sich ständig sein Gehalt vorhalten lassen, zu viel, sind eh alle nichts wert. Nur die Politiker müssen sich täglich in die Brieftasche schauen lassen, sich schämen und beschimpfen lassen.

Nach dem ganzen Zirkus um die Renten war es ruhig geworden, nun wird ein neuer Anlauf gegen die Gehälter der neuen Politiker gestartet, und zwar im Trentino vom katholischen Verband der Werktätigen, ACLI, und in Südtirol sollte eine ähnliche, oder dieselbe Initiative von der Direkten Demokratie des Stephan Lausch initiiert werden, der so die Herzen der zornigen SüdtirolerInnen erobern wollte.

Die Politiker sollen nach diesem Vorschlag nur mehr 3.000 Euro erhalten, statt der bisherigen 4.800 netto. Zudem sollen die Spesen auf 500 Euro im Monat reduziert werden, alle Amtszulagen, mit Ausnahme jener des Präsidenten, abgeschafft. Nun werden Unterschriften gesammelt, ich weiß nicht ob auf einen Gesetzesentwurf, der dann im Regionalrat behandelt werden müsste. Nach den letzten Kürzungen hatten die Abgeordneten gehofft, dass nun der Friede eingekehrt sei, aber wenn es um das Geld, die so genannten Diäten der Politiker geht, gibt es keine Reform, die passt.

Stephan Lausch findet 3.000 Euro angemessen, ein anderer würde ihnen 2.000 lassen, ist doch genug oder? Wenn es Rentner gibt, die mit 500 Euro leben müssen. Da darf jeder fordern was er will. Eigentlich sollte man doch fordern, dass Politiker gar nichts verdienen sollten. Der Dienst am Bürger, um den sich die Politiker ja so reißen, der Einsatz für das Gemeinwesen, das Gemeinwohl kann nicht bezahlt werden, nicht honoriert, er wird mit der Genugtuung honoriert, die der Politiker hat, wenn er Gutes tun darf, für seine Leute, für sein Land, für die geliebte Heimat.

Aber keine Angst, auch wenn sie gratis arbeiteten, würde man sie schelten, die Politiker, denn es würden Fragen aufgeworfen werden: Warum tut er das gratis, da muss was dahinterstecken, das muss ein Schwindel sein. Ein Traum für die Politikverdrossenen, wenn endlich wieder nur die Reichen und die, die es sich leisten können, sich der Wahl stellen. Man wäre das geldgierige Gesindel los, das heute Landtage und Parlamente bevölkert.

Erstaunt hat mich, dass die Politiker auf die neuen Vorschläge gar nicht reagiert haben, so nach dem Motto, lass den Kelch am mir vorübergehen. Nur Frau Foppa ist dem Willen des Volkes ergeben: „Ich bin eine Angestellte des Wählers, er soll entscheiden, wie viel ich ihm wert bin.“ Auch eine Lösung, jeder Abgeordnete soll so viel erhalten, wie viel seine Wähler wollen.

Dabei wäre es an der Zeit, dem Volke klar zu machen, dass es keine Politik zum Nulltarif gibt. Die Parteienfinanzierung soll gestrichen werden, die Abgeordneten werden von den Parteien zur Kasse gebeten, jeder anständige und nicht diebische Abgeordnete muss ein bisschen Geld horten, damit er seine Wahlkampfschulden zahlen kann, im Geld schwimmen sie nicht. Aber das darf nicht wahr sein.

Deshalb bin ich für den Gratis-Politiker.

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