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Der Törggele-Döner

„Südtirol, Brauch, Herbst, Weinlese, gesellige Runde.“ Wer das Törggelen auf Wikipedia sucht, wird gleich im ersten Absatz mit „Speichelflusserzeugern“ bombardiert. Das fiel auch der Süddeutschen Zeitung auf – die den Brauch als Aufhänger für einen bissigen Kommentar  nutzte.

Die Zeitung schreibt:

Törggelen [ist] zuletzt derart zum zugkräftigen Synonym für gesellige Mahlzeiten in Herbstambiente mutiert, dass sich der Brauch von seinem Ursprungsgebiet im Eisacktal nicht nur in sämtliche Südtiroler Seitentäler gefressen hat, sondern langsam auch in die angrenzenden Regionen wie Nordtirol und das Trentino schwappt. Und weil jede Bewegung eine Gegenbewegung erzeugt, ruft die Entwicklung des Törggelen zur reinen Touristenattraktion freilich einige Bewahrer auf den Plan.

So wollen beispielsweise Südtirol Marketing (SMG) und der Südtiroler Bauernbund (SBB) ihr Brauchtum mit der Initiative „Törggelen am Ursprung“ gemeinsam jene Orte kennzeichnen, wo eigens gekelterter Wein und Kastanien aus der Umgebung angeboten werden. Auch die Freiheitliche Partei Südtirols stellt sich mal wieder dem Kampf gegen den Einheitsbrei. Schließlich sei langsam aber sicher ein „schleichender Missbrauch des Törggelens“ festzustellen, weshalb man dem Glaubwürdigkeitsverlust nur Einhalt gebieten könne, „indem man dem Besuchern klar sagt, wo er echtes Törggelen findet und wo nicht“.

Und auch einen Seitenhieb in Richtung Blaue verkneift sich das Blatt nicht:

Zwar sind die Freiheitlichen garantiert die einzige Partei weltweit, die den in Südtirol üblichen Brauch des Herz-Jesu-Feuers tatsächlich als Symbol gegen illegale Zuwanderung interpretiert, aber natürlich haben sie in diesem Fall unendlich recht: Es braucht klare Regeln, um den ignoranten Urlauber vor falschem Brauchtum zu schützen. Sonst kommt es noch so weit, dass die Chinesen ein Oktoberfest veranstalten, die Namibier Schweinshaxen im Brauhaus servieren und in Mallorca ein Bierlokal namens Oberbayern eröffnet. Andererseits könnten sich die Südtiroler ausnahmsweise mal lockermachen und demnächst zu Törggelen Speckdöner mit Kastanienpide verkaufen. Wer weiß, vielleicht wird auch das nicht nur Touristenattraktion, sondern irgendwann einmal sogar schützenswert.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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