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Der Wasserstoff-Bluff

Paul Köllensperger spricht in Zusammenhang mit den Wasserstoffzug-Plänen des Landes von einem großen Bluff – und legt neue Zahlen und Fakten vor.

„Über Wasserstoff zu reden, ist eine der Lieblingsbeschäftigungen aller jener, die sich mit Parolen über Green Economy, Nachhaltigkeit und Innovation schmücken wollen“, sagt Paul Köllensperger. Wer Regierungsverantwortung trage, der müsse aber irgendwann auch mit echten Argumenten punkten. „Und dann wird die Luft für einen Wasserstoffzug auf einmal recht dünn“, so der Landtagsabgeordnete am Samstag.

In einer Aussendung schreibt Paul Köllensperger:

„Die aktuelle Wasserstoff-Produktion im H2 in Bozen Süd reicht bei weitem nicht für einen wasserstoff-betriebenen Zug aus. Heute können dort gerade einmal 300 kg pro Tag produziert werden.

Angesichts des Verbrauches eines solchen Zuges reicht dies gerade einmal für 300 km am Tag – aber 2.800 km müssen zurückgelegt werden.

Außerdem, auch ein kostenspieliger Ausbau des Zentrums ließe ein Problem ungeklärt: wie transportiert man den Wasserstoff in den Vinschgau?

Die Herstellung selbst mittels Elektrolyse, so wie in Bozen Süd, hat alles eher als einen guten Wirkungsgrad: von der hineingepumpten Energie zur H2-Erzeugung kommt schlußendlich aus der Brennostoffzelle nur mehr die Hälfte heraus.

Womit wir bei den Kosten wären: die Produktion von einem Kilo Wasserstoff kostet 9 bis 10 Euro, hat aber nur den dreifachen Energiegehalt von Benzin.

Eine einfache Kosten-Nutzen Rechnung zeigt, dass auch wenn man in der Lage wäre, die nötige Menge an H2 zu erzeugen, die Kosten für den Tagesbetrieb der Vinschger Bahn von den aktuellen ca. 5.000 Euro auf mindestens 25.000 Euro schnellen würden.

Über 9 Mio laufende Kosten im Jahr nur für den Sprit – angesichts der Unsicherheit um den Weiterbestand des Schlanderser Spital wohl schwer zu vermitteln.

Die ökologisch wie ökonomisch sinnvollste Variante ist jene, die eigentlich ja schon beschlossene Sache ist: die Elektrifizierung der Vinschger Bahn.

Den Vinschgau zur Wasserstoff-Insel der Seligen auszubauen, davon raten noch weitere Aspekte ab: so könnte das Vinschger Bahnnetz, wenn man es nicht noch zusätzlich per Oberleitung elektrifiziert, von keinem anderen elektrischen Zug mehr befahren werden, seinen es schweizer oder italienische.

Im Sinne der besseren Anbindung für die touristische Zukunft des Tales ein wichtiges Thema, sollte man von vorneherein auf eine EU-kompatible Lösung setzen – der Standard wird elektrisch mit 27.000 V Gleichstrom werden.

Außerdem, die heute verfügbare Lokomotiven mit Wasserstoffantrieb sind bestenfalls Prototypen: wollen wir wirklich, dass unsere Vinschger hier die Versuchskaninchen spielen?

Zu guter Letzt das Speicher- und das Sicherheitsproblem, das ja bereits aus den langjährigen Tests im Autosektor bekannt ist. 

100 kg Wasserstoff brauchen 15 Tonnen an Gewicht für die Speicherung. H2 Tanks bergen große Sicherheitsproblematiken, da sie unter extrem hohen Druck stehen. Die Durchfahrt durch einen Tunnel muss sicherheits-technisch noch geklärt werden.

Dies alles vorausgeschickt stellt sich die Frage: Hat es wirklich einen Sinn, jetzt eine Wirtschaftlichkeits-Studie für einen Vinschger Wasserstoffzug in Auftrag zu geben?

Wir geben der Umweltschutzgruppe Vinschgau Recht: der Vinschgau darf kein Experimentierfeld sein, um dem Bozner Wasserstoffzentrum eine Zukunft zu garantieren. Südtirol, das Land der Wasserkraft und der erneuerbaren Energie soll auf die Elektrifizierung seiner Bahnlinien setzen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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