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Für eine Handvoll Euro

Sind es nun 30 Euro Tag – oder 40, oder gar 50? Über kein Taschengeld wird so gerne und ausgiebig spekuliert wie über jenes der italienischen Asylbewerber. Die TAGESZEITUNG hat nachgefragt – und räumt mit den wichtigsten Mythen auf.

Von Anton Rainer

Wo Geld fließt, blüht der Neid – vor allem dann, wenn es um kleine Beträge für die falschen Leute geht. Mehrmals wandten sich in den vergangenen Wochen besorgte Menschen an die Redaktion der TAGESZEITUNG, um die vermeintlich skandalösen Beträge aufzudecken, mit denen Asylsuchende in Italien versorgt würden: Bis zu 50 Euro in Form von Telefonkarten würden demnach pro Flüchtling und Monat vom Staat gezahlt – und mehr als 35 Euro an täglichem Taschengeld. Die TAGESZEITUNG hat bei den zuständigen Sozialorganisationen und mehreren Flüchtlingsberatungsstellen nachgefragt. Wie hoch sind die Beträge tatsächlich? Und wie sieht es mit den Arbeitsmöglichkeiten aus? Die wichtigsten Antworten.

Wie viel Taschengeld bleibt Asylsuchenden am Tag?

Jeder Flüchtling, der in einer betreuten Struktur aufgenommen wird und dort auf positiven oder negativen Asylbescheid wartet, erhält eine staatliche Unterstützung von 2,50 Euro am Tag oder rund 75 Euro im Monat. Wird er von den italienischen Behörden nicht registriert, bzw. gehört er zu den hunderten Flüchtlingen, die täglich die Grenze zu Österreich passieren, erhält er nichts – weil er offiziell in keinen Akten aufscheint.

Und was ist mit den monatlichen Telefonkarten?

Jede Person, die in Italien um Asyl ansucht, erhält eine einmalig aufgeladene Telefonkarte im Wert von 15 Euro. Die Kosten dafür trägt der Staat – Handys oder andere Leistungen sind hingegen nicht vorgesehen, auch eine erneute Aufladung des Betrags ist ausgeschlossen. Weitere Unterstützungen können autonom durch die zuständigen Sozialorganisationen ausgegeben werden, auch etwa in Form von Sachspenden.

Aber der Staat überweist doch 35 Euro pro Flüchtling und Tag an die Regionen?

Richtig, dieses Geld landet allerdings nicht direkt bei den Flüchtlingen, sondern den Sozialeinrichtungen, die sie betreuen, in Südtirol etwa Volontarius und Caritas. Die sich daraus ergebenden 1050 Euro pro Monat/Flüchtling werden, nach Abzug der Verwaltungsgebühren, für Unterricht, Unterkunft, medizinische Versorgung etc. verwendet. Theoretisch.

Theoretisch?

Die Südtiroler Organisationen Volontarius und Caritas erhalten vonseiten des Staates nur 28 Euro pro Flüchtling/Monat, unter anderem als Ausgleich dafür, dass das Land diesen Dienst nicht ausschreiben muss. Realistischer sind deshalb rund 840 Euro pro Monat. 240 Euro, also rund ein Drittel des Betrags, gibt Caritas an die Flüchtlinge in Form eines Taschengelds weiter. Asylsuchende erhalten also: 75 Euro (Staat) plus 240 Euro (Caritas). Macht rund 315 Euro im Monat bzw. rund 10 Euro am Tag, mit denen sie Telefonkosten, Verpflegung, Fahrtkosten etc. bezahlen können.

Was, wenn die Flüchtlinge arbeiten möchten?

Vor allem während der Erntezeit suchen viele Flüchtlinge in landwirtschaftlichen Betrieben Arbeit. Während eine Schwarzanstellung legal ausgeschlossen werden muss, erhalten Flüchtlinge mit Wohnsitz und Arbeitszusage deutlich schneller ihr Bleiberecht. Das heißt: Flüchtlinge, denen ein landwirtschaftlicher Betrieb einen Wohnsitz zur Verfügung stellt – dürften bei der für Asylfragen zuständigen Quästur bessere Chancen für die Ausstellung der nötigen Papiere haben.

Und ohne all diese Mühen?

Hilft eventuell das von Caritas betreute Projekt „Freihand.“ Ob Babysitten, Holzhacken oder Frühjahrsputz – die Caritas vermittelt qualifizierte Arbeiter, die zwar kostenlos Arbeiten verrichten, aber dafür eine zusätzliche finanzielle Wertschätzung durch die Sozialorganisation erhalten. Klar ist: Damit wird aus einem Flüchtling auch – ein Steuerzahler.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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