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Doppelte Steuern

Doppelte Steuern

Der Fall Tiroler Sparkasse nimmt amüsante Züge an: Nachdem die Bank von Italien der Steuerhinterziehung beschuldigt wurde, hat sie jetzt in Österreich und Italien Steuern von 1,6 Millionen Euro für dieselben Geschäfte gezahlt. Die Hintergründe der kuriosen Geschichte.

von Heinrich Schwarz

Mit einer Medienmitteilung vor drei Monaten ließ die Finanzpolizei von Meran auf einen großen Bankenskandal spekulieren. Die Beamten hätten einen Fall von internationaler Steuerhinterziehung aufgedeckt. Eine österreichische Bank – die Tiroler Sparkasse – soll jahrelang in Italien tätig gewesen sein, ohne Steuern an den italienischen Fiskus zu zahlen.

Eine nähere Recherche ergab, dass die Bank im Grunde keine Steuern hinterzogen hat. „Wir haben unsere Steuern sehr wohl bezahlt – aber in Österreich“, sagte Pressesprecher Andreas Glätzle im Mai im Gespräch mit der TAGESZEITUNG.

Die Ermittlungen der Finanzpolizei ergaben, dass die Tiroler Sparkasse zwischen 2008 und 2014 im Raum Norditalien – vor allem in Südtirol – über 400 Darlehensverträge abgeschlossen hat. Und das, obwohl die Innsbrucker Bank über keine Niederlassung in Italien verfügt.

Laut Berechnungen wurden in diesem Zeitraum Erträge von 22 Millionen Euro erwirtschaftet. Insgesamt hätte die Tiroler Sparkasse 1,26 Millionen Euro an IHRES und 358.978 Euro an IRAP an den italienischen Fiskus abführen müssen. Die Finanzpolizei hat ihren Bericht an die Bozner Staatsanwaltschaft weitergeleitet – und gleichzeitig drei Verantwortliche der Bank angezeigt. Der Vorwurf: Unterlassene Einreichung der Steuererklärung.

Die Tiroler Sparkasse sieht sich jedoch nicht im Unrecht. Man sei zwar in Italien aktiv, habe aber keine Niederlassung, sprich Filiale. Alle Geschäfte mit italienischen Kunden würden in Innsbruck getätigt und unterschrieben. Aus diesem Grund hat die Bank ihre Gewinne an das österreichische Finanzamt gemeldet, wie dieses mittlerweile bestätigt hat. Zur Sicherheit hatte sich die Bank ein Gutachten eingeholt, das auf Äußerungen des Europäischen Gerichtshofes und der EU-Kommission verweist, wonach eine Filiale der ausschlaggebende Faktor sei. Es sei also eine europarechtliche Frage, ab wann man im anderen EU-Staat zur Steuerleistung verpflichtet ist.

Jetzt, während die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Gange ist, hat die Tiroler Sparkasse allerdings einen interessanten Schritt gesetzt: Sie hat die geforderten 1,6 Millionen Euro überwiesen – und damit sowohl in Österreich als auch in Italien Steuern für dieselben Geschäfte bezahlt.

Andreas Glätzle erklärt: „Uns wurde das Rechtsrisiko in Italien aufgezeigt. Ein Prozess könnte acht bis zehn Jahre dauern, was für uns zu lange und wirtschaftlich nicht tragbar ist. Wir wollen keine Zusatzkosten, weshalb wir unsere Steuern derzeit zwei Mal geleistet haben.“

Der Pressesprecher der Tiroler Sparkasse weiter: „Wir gehen lieber den österreichischen Weg. Die Finanzbehörde wird den Fall nun näher erörtern und in relativ kurzer Zeit zu einem Ergebnis kommen. Man hat uns jedenfalls versichert, dass eine Doppelbesteuerung nicht möglich ist.“

Die Nordtiroler Bank überlässt es also den Finanzbehörden der beiden Staaten, die Rechtslage zu klären – und erwartet von einer der beiden Finanzbehörden die Rückzahlung der geleisteten Steuern.

Es zeichnet sich also ein interessanter Streit zwischen Österreich und Italien ab. Wenn es nicht um einen Millionen-Betrag ginge, der momentan doppelt ausgelegt wurde, könnte sich wohl auch die Tiroler Sparkasse darüber amüsieren.

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