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Rote Flecken

Wie der neue Gewässerschutzplan der Landesregierung aussieht – und warum die Stromerzeuger mit dem Theiner-Papier keine Freude haben werden.

Von Matthias Kofler

Seit Jahren hat die Landesregierung mit der Verabschiedung eines neuen Gewässerschutzplanes gewartet. Aus gutem Grund: Den Regierungsmitgliedern war klar, dass der Text weder bei den E-Werk-Betreibern noch bei den Umweltschutzverbänden große Zufriedenheit auslösen wird. Während die Betreiber eine lockere Regelung befürworten, können den Umweltverbänden die Beschränkungen nicht weit genug gehen.

Die Landesregierung musste also den gordischen Knoten lösen: Ein Text sollte her, der die Balance zwischen alternativer Energienutzung auf der einen und den Gewässerschutz auf der anderen Seite garantieren soll.

Das lange Warten hat nun ein Ende: Die Landesregierung wird heute einen neuen Gewässerschutzplan verabschieden. Die Grünen wittern eine Verschlechterung der Jetzt-Situation. „Die neue Textfassung ist ein Geschenk an die ProduzentInnen und bedeutet einen großen Schaden für die Umwelt“, sagt der Abgeordnete Riccardo Dello Sbarba.

Doch wie sieht der Plan der Landesregierung aus?

Im Wesentlichen basiert er auf zwei Säulen: Zum einen soll der Gewässerschutz Vorrang haben, zum anderen sollen bestehende kleine E-Werke zu mittleren E-Werken ausgebaut werden.

Im neuen Text wurden die anfänglich zwei Kategorien zur Fließgewässerklassifikation (vollständig unter Schutz gestellte und noch nutzbare Fließgewässer) auf vier Kategorien ausgeweitet: In den „besonders sensiblen Gewässern“ (rot) ist keine hydro-elektrische Nutzung möglich. In der zweiten Kategorie – „sensible Gewässer mit sehr gutem ökologischen Zustand“ (blau) – ist eine Nutzung sehr schwierig. Eingeschränkt möglich ist die Nutzung in der dritten Kategorie der „potentiell sensiblen Gewässer“ (braun). Gut möglich ist die Wasserkraftnutzung schließlich in der vierten Kategorie der „gering sensiblen Gewässer“ (grau).

Die Ausgangslage: Schon jetzt werden in Südtirol die Fließgewässer intensiver genutzt als in den umliegenden Regionen. Umweltschützer kritisieren, dass kleine Kraftwerke einen verhältnismäßig größeren Schaden anrichten als größere. In Südtirol gibt es bereits circa 1.000 Wasserkonzessionen, die circa 6.000 kWh/Jahr Energie herstellen. Über 80 Prozent dieser Energie von den 30 größten Kraftwerken produziert.

Die circa 970 mittleren und kleinen Kraftwerke produzieren hingegen nur 14 Prozent der Energie, aber sie verursachen erhebliche Umweltschäden. Denn sie erstrecken sich flächendeckend bis hin zum letzten Bach und wegen ihrer weiten Verbreitung ist es sehr schwierig, die Einhaltung der Umweltkriterien zu kontrollieren.

Deshalb richtet die Landesregierung ihren Fokus weniger darauf, neue Kraftwerke zu errichten, sondern vielmehr darauf, bestehende Kraftwerke zu verbessern und auszubauen.

Ein erster Entwurf des Landesamtes sah vor, dass 386 Wasserabläufe als sensibel eingestuft und nur 34 für den Bau von Wasserkraftwerke vorgesehen werden sollen. Auch im neuen Plan der Landesregierung wird in mehr als der Hälfte der Wasserläufe eine hydro-elektrische Nutzung ausgeschlossen. In den anderen Fällen ist die Nutzung nur dann möglich, wenn der ökologische Zustand der Gewässer unverändert bleibt. „Hier ist die Kreativität der Ingenieure gefragt“, heißt es aus dem Umfeld des zuständigen Landesrates Richard Theiner. Jedenfalls würden die Stromerzeuger mit dem Plan „keine Freude“ haben.

Theiner selbst will heute in einer Pressekonferenz die genauen Zahlen seines Planes vorlegen. Beim sogenannten Energietisch mit den Interessensvertretern vor drei Wochen stellte der Landesrat klar: „Das ist ein Gewässerschutzplan und kein Gewässerverschlechterungsplan.“

Damals forderten die Energieverbände und die Bauern eine lockerere Handhabung: Die Nutzung sollte auch dann möglich sein, wenn dadurch die Qualität der Gewässer von sehr gut auf gut verschlechtert wird. „Das kommt für mich nicht in Frage“, stellte Theiner damals unmissverständlich klar.

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