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Die Anti-Athesia-Front

Die Anti-Athesia-Front

Die Landesregierung hat am Dienstag einstimmig beschlossen, sich gegen den Brennercom-Verwaltungsrat zur Wehr zu setzen. Kompatscher spricht von einer „Enteigung von öffentlichem Gut“. 

Die Südtiroler Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom Dienstag einstimmig beschlossen, sich zur Wahrung des öffentlichen Interesses gegen den Entscheid der Brennercom AG, die Landesbeteiligung als erloschen zu erklären, entschieden zur Wehr zu setzen.

„Die Enteignung von öffentlichem Gut durch private Teilhaber ist durch nichts zu rechtfertigen“, betonte Landeshauptmann Arno Kompatscher auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Regierungssitzung.

Die Landesregierung hat beschlossen, die Anwaltschaft des Landes und den renommierten Rechtsprofessor Marcello Clarich mit dem Fall zu betrauen. Konkret geht es darum, den Entscheid des Verwaltungsrates vor dem Landesgericht anzufechten und – wie es heißt – weitere Schritte zur Wahrung des öffentlichen Interesses einzuleiten.

Bewertet werden derzeit eine Abberufung des Verwaltungsrates durch die Gesellschafterversammlung und die Einreichung einer Haftungsklage gegen dessen Mitglieder.

Weiters wurde Kompatscher am Dienstag von der Landesregierung ermächtigt, eine Syndikatsvereinbarung mit den anderen öffentlichen Aktionären – sprich mit Selfin, Stadtwerke Brixen und A22 – zu schließen. Diese Vereinbarung verpflichtet die Gesellschafter, künftig nur mehr gemeinsam in Sachen Brennercom zu agieren. Ein Verkauf von Aktien kann somit nur mehr im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern erfolgen.

Brisant: Die Landesregierung hat darüber hinaus auch ein Schreiben an die Handelskammer gerichtet. Dort werden Michl Ebner und Co. aufgefordert, einer allfälligen Aufforderung um Streichung des Landes aus dem Gesellschafterbuch nicht Folge zu leisten – und zwar mit Verweis auf den Rekurs des Landes gegen den Beschluss des Verwaltungsrates.

„Wir halten den Beschluss für absolut rechtswidrig“, unterstrich Kompatscher.

Interessant: Ebner wird also aufgefordert, den Beschluss zu missachten, den er im Verwaltungsrat selbst mitgetragen hat – und dessen Hauptprofiteur er ist. Der LH gab sich gelassen: „Ich gehe davon aus, dass die Verantwortlichen in der Handelskammer mit unserer Aufforderung sachlich und korrekt umgehen.“

Für Kompatscher bezeichnete das Vorgehen des Verwaltungsrates als eine „Enteignung des Öffentlichen durch Private“. Der Beschluss vom Freitag entbehre den tatsächlichen Voraussetzungen.

Karl Manfredi, Ferdinand Willeit und Michl Ebner hatten erklärt, dass die Brennercom-Aktien des Landes aufgrund eines Staatsgesetzes von 2008 mit 1. Januar 2015 erloschen seien, weil sie keinen institutionellen Zweck erfüllten und nicht von strategischer Bedeutung seien.

LH Arno Kompatscher auf der Pressekonferenz

LH Arno Kompatscher auf der Pressekonferenz

Der LH hielt am Dienstag entgegen: Die Entscheidung, welche Beteiligungen einen institutionellen Zweck erfüllen, könne einzig die öffentliche Verwaltung treffen. Sie könne sicher nicht von Privatpersonen gefällt werden. Dieses Prinzip gelte in ganz Italien.

Zudem habe das Land bereits einen genauen Plan genehmigt, in dem stehe, welche Aktien veräußert werden sollen. Die Brennercom scheine in diesem Plan nicht auf, so Kompatscher.

„Im Gegenteil: Wir haben im Landtag ein Gesetz eingereicht, mit der wir die strategische Bedeutung der Infrastrukturen der Brennercom sicherstellen.“

Gemeint ist Artikel 10 des Omnibusgesetzes, mit dem sich Land, Selfin, A22 und Stadtwerke Brixen zu einer Newco-Gesellschaft zusammenschließen können.

„Es wäre ja unlogisch, wenn wir dieses Gesetz vorantreiben, uns aber gleichzeitig von unseren Aktien trennen“, so Kompatscher.

Der LH äußerte sich auch zum Inhalt der Pressekonferenz, die Karl Manfredi und Ferdinand Willeit am Montag am Sitz der Brennercom abgehalten hatten, um ihre Sicht der Dinge zu schildern.

Zur Behauptung, die Brennercom habe dem Land schon mehrmals angeboten, ihre Infrastrukturen für das Breitband abzukaufen, sagte Kompatscher: „Der Vorschlag der Brennercom war absolut untauglich weil zu kostspielig für das Land. Es gab aber bislang nie konkrete Verhandlungen.“

Dass er das Gespräch mit Willeit und Co. abgelehnt habe, stimme so auch nicht. Nur einmal, nämlich vor drei Monaten, habe er den von den Brennercom-Verantwortlichen beantragten Gesprächstermin nicht annehmen, weil zur gleichen Zeit die Verhandlungen mit der Sparkasse liefen.

„Es ist aber schon bezeichnend, dass die beiden seitdem keine Möglichkeit mehr gefunden haben, den Landeshauptmann zu kontaktieren. Weder per SMS noch per Mail. Und selbst ein Brief, der mit der italienischen Post verschickt worden wäre, wäre mittlerweile bei mir angekommen“, so Kompatscher.

Willeits Behauptungen seien ein „untauglicher Versuch, im Nachhinein eine Nacht- und Nebelaktion zu rechtfertigen“, giftete der SVP-Politiker. Das Verhalten sei „fast schon kindisch“.

Eine Frage bleibt noch: Laut Karl Manfredi hat die Brennercom „fast kein Netz“, das sie dem Land abtreten könnte.

Arno Kompatschers Replik: „Wir haben die Brennercom um die Aushändigung der genauen Zahlen über das Netz aufgefordert, doch diese Daten haben wir bis heute nicht erhalten. Die zuständige Landesrätin Waltraud Deeg kann ein Lied davon singen. Wir wissen, dass die Brennercom Netz an strategisch wichtigen Positionen hält – und dieses Netz wurde auch von der öffentlichen Hand bezuschusst. Sollen wir jetzt daneben einfach neue Leitungen legen? Das wäre doch unlogisch. Wir nehmen an, dass die Brennercom ein bisschen mehr als ein paar Meter an Infrastruktur hält.“

 

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