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Die abhandene Welt

Wie haben Sie es mit der Wahrheit? Das ist der letzte, entscheidende Satz im neuen Film von Margarethe von Trotta.

von Renate Mumelter

Sie waren alle schon in Bozen: Margarethe von Trotta, Katja Riemann, Karin Dor, nur Barbara Sukowa steht noch aus. Diese Frauen spielen in Trottas Film über Familiengeheimnisse die Schlüsselrollen. Familiengeheimnisse gibt es häufiger als man glaubt, und sie sind schädlicher als man annimmt. In die “Die abhandene Welt” erzählt Margarethe von Trotta subtil und einnehmend von den Desastern, die aus diesen Geheimnissen entstehen. Ein Film, der persönlicher und weniger spröde ist Trottes vorletzter, “Hannah Arendt,” und weniger dialoglastig. Dass der amerikanische Teil des Films auf Englisch gespielt wird, gehört richtigerweise zum Konzept und ist kein Hindernis (auch für totale Englischbanausen wie mich nicht).

Erzählt wird von der Sängerin Sophie (Katja Riemann), die wie ihr Vater Paul (Matthias Habich) in Deutschland lebt. Paul ist wohlhabend, besitzergreifend, aufbrausend, unglücklich. Im Netz entdeckt er durch Zufall eine amerikanische Operndiva, die Sophies vestorbener Mutter verblüffend ähnlich sieht. Riemann und Sukowa singen beide selbst. Auf Drängen Pauls sucht Sophie diese Katharina (Barbara Sukowa) in NY auf.

Daraus entsteht eine Geschichte, die zwischen Deutschland und New York spielt und immer tiefer in Familiengeheimnisse vordringt, die vor allem verletzte Seelen hinterlassen haben. Im Kino leidet man mit und freut sich mit, vorausgesetzt, man ist bereit, sich auf die Geschichte einzulassen, die sich auch in Schatullen mit Fotos und Briefen verbirgt. Langsam werden diese Schatullen aus ihren Verstecken geholt. Ich habe keine Schatullen dafür aber Kartons mit Fotos und Briefen, welche die Lebensgeschichte meines Vaters erzählen, die meiner Großeltern, meiner Tante, meines Onkels, meiner Mutter, meiner Brüder, meine. Irgendwann werde ich sie anschauen.

“Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum, ich träumt’ in seinem Schatten so manchen süßen Traum”, heißt es am Anfang der Geschichte. Am Ende der Geschichte prosten sich die Figuren zu: “To the future” und “To the past”. Es lohnt sich zurück zu schauen. Und nach vorne.

Die abhandene Welt (DE 2015), Regie: Margarethe von Trotta. Bewertung: Weise, realistisch, weich und sensibel erzählt 

Was es sonst noch gibt: “Il racconto dei racconti” von Matteo Garrone, “Force Majeure” von Ruben Östlund, Wenders in 3D in Kaltern (SA, SO)

Sehen Sie sich DEN TRAILER an.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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