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Der Hudern-Streit

Der Hudern-Streit

Der Caritas zittert um die Altkleidersammlung: Die Stadtwerke Brixen AG hat den Dienst öffentlich ausgeschrieben. Meran und Bozen wollen selbiges tun. Es gibt gar einige Bewerber. Die Caritas hat beim Verwaltungsgericht Rekurs eingereicht.

von Erna Egger

Zwischen der Caritas und der Stadtwerke Brixen AG ist ein skurriler Streit entfacht: Sie kämpfen um die alten, weggeworfenen Kleidungsstücke.

Seit den 70er-Jahren führt die Caritas Diözese Bozen-Brixen im Frühjahr und im November eine Gebrauchtkleidersammlung durch. Im Jahre 2014 sind 710 Tonnen zusammengekommen.

In den 90er Jahren wurde das Projekt Financing ins Leben gerufen: In den Gemeinden wurden Container aufgestellt – ganzjährig kann man dort die abgetragenen Gewänder entsorgen. Im Laufe des Jahres 2014 wurden über diesem Weg 1.800 Tonnen an Klamotten in diese Behälter eingeworfen. Der Großteil wurde in den großen Städten Bozen, Meran, Leifers und Brixen eingesammelt. Die Kleider werden von der Caritas verkauft und der Erlös fließt in soziale Projekte.

Die Stadtwerke Brixen AG macht Hilfsorganisation nun den Inhalt der Container streitig: In Brixen hat die Caritas 23 Großbehälter auf öffentlichem Grund aufgestellt: „Das System wurde jahrzehntelang nicht hinterfragt“, betont der Bereichsleiter bei der Caritas Guido Osthoff.

2006 wurde dann ein Gesetz zur Müllsammlung verabschiedet, die Durchführungsbestimmungen traten 2010 in Kraft. Seitdem gilt auch für die Altkleidersammlung das Abfallgesetz. Will heißen: Die Gemeinde ist nicht für das entsorgte Papier, Glas usw., das in den Mülltonnen landet, zuständig, sondern auch für die entsorgten Kleider. In Brixen wurde die Abfallbewirtschaftung der Stadtwerke Brixen AG übertragen. Sie ist damit Eigentümerin der entsorgten Gewänder.

Und diese Neuregelung macht der Caritas nun zu schaffen: Laut Gesetz muss die Stadtwerke Brixen AG nämlich den Dienst öffentlich ausschreiben.

„Wir sind schon seit Längerem mit der Gemeinde Brixen und den Stadtwerken in Verhandlung und haben einen Vorschlag unterbreitet, wie künftig alles rechtlich und einwandfrei geregelt werden kann. Damit hätten die Bürger auch die Sicherheit, dass die Kleiderspenden der Caritas zugutekommen und dass sie etwas Gutes tun“, schildert Osthoff.

Im Vorschlag verpflichtet sich die Caritas, Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.

Sie führt die Schuldnerberatung, die Hospizbewegung und die Freiwilligenbörse, die in verschiedenen Büros in Brixen untergebracht sind.

„Wir haben zugesagt, dass mit den Einnahmen, die durch die Altkleidersammlung in Brixen generiert werden, diese Angebote finanziert werden“, schildert Ostenoff.

Und: „Wir haben auch sehr deutlich gemacht, dass wir diese Dienstleistungen in Frage stellen müssen, denn ohne diese Gelder aus der Altkleidersammlung können wir sie nicht mehr finanzieren. Und dabei trifft es Menschen in Not in Südtirol. Es würde uns sehr leid tun, wenn wir dazu gezwungen wären.“

Die Caritas war sich schlussendlich sicher, einen Weg gefunden zu haben, den die Gemeinde Brixen und die Stadtwerke mittragen.

Aber bei der Hilfsorganisation hat man falsch gedacht: Anfang April fielen die Verantwortlichen aus allen Wolken. Am Gründonnerstag hat die Stadtwerke Brixen AG die Altkleidersammlung öffentlich ausgeschrieben. „Ohne dass das uns im Vorfeld kommuniziert worden wäre. Nur zeitgleich hat man uns einen Brief geschickt und uns mitgeteilt, dass unser Vorschlag abgelehnt worden sei“, ärgert sich Osthoff.

Der Inhalt der Ausschreibung erregt die Gemüter: „Dabei geht es nur mehr um rein wirtschaftliche Kriterien: Wer für den Dienst am meisten bietet, erhält den Zuschlag.“

In Zahlen: „In der Ausschreibung ist enthalten, dass man mindestens 200 Euro pro Tonne bieten muss. Davon geht laut einem Gemeinderatsbeschluss, der im Oktober gefallen ist, 130 Euro an die Gemeinde und 70 Euro bleiben bei den Stadtwerken für die Arbeit“, erläutert Ostoff.

Dieses Vorgehen will und kann die Caritas nicht akzeptieren: „Das ist für uns eine nicht akzeptable Vorstellung: Wir wünschen, dass die Altkleider weiterhin der Caritas gespendet werden dürfen“, fordert Osthoff.

Die Caritas hat deswegen Rekurs gegen die Ausschreibung beim Verwaltungsgericht eingereicht. „Nach juristischer Nachprüfung von unserer Seite gibt es einige Punkte, die man bei der Ausschreibung hinterfragen kann: Dabei geht auch um die Transparenz“, erläutert Osthoff.

Das Verwaltungsgericht hat vor zwei Tage die Ausschreibung ausgesetzt. Eine erste effektive Verhandlung soll Anfang Mai stattfinden.

Bis das Verfahren abgeschlossen ist und die Ausschreibung vollzogen ist, verbleiben die Altkleider bei der Caritas. „Wir hoffen immer noch auf eine einvernehmliche Lösung, sonst könnte es zu Problemen in weiteren Gemeinden kommen“, fürchtet Osthoff.

Denn Brixen könnte nur der Anfang und somit ein Präzedenzfall sein. Auch in den anderen Hauptorten Bozen, Meran und Leifers wird die Abfallentsorgung von gemeindeeigenen Betrieben organisiert. In Meran und Brixen sind die Stadtwerke damit beauftragt, in Bozen und Leifers übernimmt die SEAB AG diesen Dienst. „Wenn auch dort die Gebrauchtkleidersammlung an andere vergeben wird, dann wären wir nur mehr in den ländlichen Gebieten vertreten, aber nicht mehr in den städtischen Zentren“, befürchtet Osthoff. Der Hilfsorganisation würden große Geldsummen für soziale Zwecke entgehen.

Und gerade das droht der Caritas: Denn auch in Bozen und Meran wird schon an einer Ausschreibung

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