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Verlockende Geschäfte

Glowing electric cableSüdtirols Gemeinden bekommen künftig mehr vom Stromkuchen ab. Das Land verkauft 10 Prozent der Anteile an der neuen Energie-Gesellschaft. Es bleibt die Frage der Finanzierbarkeit – und man muss einen gerechten Aufteilungsschlüssel finden.

von Heinrich Schwarz

Betrachtet man im Rahmenvertrag die Anteile der Gesellschafter, so wird das Land Südtirol Mehrheitseigentümer des neuen Energie-Riesen. Das Ergebnis der Fusionsverhandlungen zwischen der Landesenergiegesellschaft SEL und den Etschwerken sieht folgendermaßen aus: Dem Land stehen 54,45 Prozent der Anteile zu, den Gemeinden Meran und Bozen als Etschwerke-Besitzer jeweils 21 Prozent und der Selfin 3,55 Prozent.

Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher und Energie-Landesrat Richard Theiner im vergangenen November allerdings bekanntgaben, wird das Land in der neuen, noch namenlosen Gesellschaft nicht an einer Mehrheit festhalten. Nach dem Schlamassel um die Konzessionsvergaben an die SEL verzichtet das Land freiwillig auf ihre Dominanz im Südtiroler Stromgeschäft.

Künftig sollen die Gemeinden mehr vom Stromkuchen abbekommen. Die Selfin – ein Zusammenschluss von 102 Südtiroler Gemeinden sowie vier Bezirksgemeinschaften – hält derzeit nur 6,12 Prozent an der SEL. Interessierte Gemeinden – auch jene, die nicht Gesellschafter der Selfin sind – haben nun die Möglichkeit, Anteile zu kaufen und sich an den Erträgen aus dem Stromgeschäft stärker zu beteiligen.

Mittlerweile ist auch bekannt, wie viel Prozent der Anteile an der neuen Gesellschaft verkauft werden. „Wir haben dem Rat der Gemeinden mitgeteilt, dass wir zehn Prozent abtreten wollen“, sagt Richard Theiner.

Damit würde sich das Land mit 44,45 Prozent am neuen Strom-Riesen begnügen. Die Gemeinden kämen indes auf insgesamt 55,55 Prozent. Warum das Land nicht bei 49 Prozent Halt macht? „Wir möchten die Mehrheitsverhältnisse verdeutlichen“, erklärt Theiner.

Ein kleines, aber feines Detail ist im Anteils-Verkauf zu nennen: Die Gemeinden Meran und Bozen dürfen keine weiteren Anteile erwerben, da sie bereits über die Etschwerke eine hohe Beteiligung von jeweils 21 Prozent vorweisen.

Die restlichen 114 Südtiroler Gemeinden können hingegen über den Gemeindenverband mit den Verhandlungen beginnen. „Sie sollen in der neuen Gesellschaft das Zünglein an der Waage werden“, meint Selfin-Präsident Sebastian Helfer, der eine verstärkte Mitsprache der Gemeinden als äußerst positiv erachtet.

Offen ist noch die Frage der Finanzierbarkeit. Zehn Prozent der Anteile an der neuen Gesellschaft haben immerhin einen Wert von rund 150 Millionen Euro. Und sieht man sich den allgemeinen Sparzwang in den Kommunen an, sind diese wohl nur schwer aufzutreiben.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Gemeinde eigenes Geld für den Kauf von Anteilen verwendet. Lieber nimmt man ein günstiges Darlehen auf“, so Helfer.

Möglicherweise könnte ein nicht unerheblicher Teil über spätere Dividenden finanziert werden. Für die Gemeinden wäre dies sicher die beste Lösung. Und für das Land wäre das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit gering, da die Stromverkäufe sichere Gewinne abwerfen.

„Wir möchten den Gemeinden auf alle Fälle entgegenkommen“, betont Energie-Landesrat Richard Theiner. In den Gemeindestuben darf man sich also berechtigte Hoffnungen machen.

Wie viele Gemeinden sich verstärkt in die neue Energie-Gesellschaft einbringen werden, ist noch unklar. An Interessenten wird es jedenfalls nicht mangeln. Erst recht nicht, wenn die gekauften Anteile tatsächlich über spätere Gewinne finanziert werden können.

Geht es nach dem Gemeindenverband, sollen möglichst viele Gemeinden mit ins Boot kommen. Gemeindenverbands-Präsident Andreas Schatzer und Selfin-Präsident Sebastian Helfer sagen unisono: „Es gilt, einen gerechten Aufteilungsschlüssel zu finden, damit auch die Finanzschwachen den Kauf mittragen können.“ Zuvor müsse man aber genauere Informationen über die Finanzierungsmöglichkeiten haben.

Klar scheint, dass aus den interessierten Gemeinden eine Finanzierungs-Gesellschaft unabhängig der Selfin gegründet wird. In der Selfin besitzen finanzkräftige Gemeinden mehr Anteile. Bei der Verteilung der vom Land angebotenen zehn Prozent soll dies anders sein. Ein Gleichgewicht steht im Vordergrund.

„Schlussendlich entscheidet jede Gemeinde für sich selbst. Zuerst muss aber der Deal zwischen SEL und Etschwerke definitiv auf den Punkt gebracht werden. Das zieht sich noch bis Juni hin“, sagt Sebastian Helfer.

Ob es dann zu einem Ansturm auf die Anteile kommt? Einige Gemeinden werden sich sicher um eine möglichst hohe Beteiligung bemühen.

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