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Gesamtkunstwerk am Vigiljoch

Winterreise am Vigljoch: Die Natur inszeniert kräftig mit.

Winterreise am Vigljoch: Die Natur inszeniert kräftig mit.

Dietmar Gamper erfindet die Südtiroler Winterfreilichtspiele und übersetzt Schuberts Winterreise in modernes Stallerdeutsch, Michl Lösch arrangiert Schuberts Musik für die Band Revensch im Balkan-Brass-Style und Heribert Haiders Tenor wärmt selbst kalte Füße. Ein Fest der Hochkultur. Genauer: auf 1742 Meter.

Von Pia Ogrizek

Dietmar Gamper liebt außergewöhnliche Szenerien, und folgt man der Einladung in die idyllische Schneelandschaft des Vigiljochs auf 1742 Metern, beginnt das sinnliche Erlebnis schon bei der Fahrt mit dem Sessellift durch den verschneiten Wald. Bilder des Romantikers Caspar David Friedrich spuken im Kopf, die Stille der menschenleeren Landschaft evoziert eine verzauberte Märchenwelt, in der alles möglich ist. Man schwebt in der Kälte und beginnt, sich auf die atmosphärische Reise einzulassen. Neugierig und bang wandert man der Schneeloge entgegen, die das Königliche Hoftheater nahe einer Ruine aufgebaut hat.

Eine blassblaue Hütte dient den Musikern als überdachtes Refugium, ansonsten nur Schnee und Licht, in dem kleine Flocken tanzen. Die Natur inszeniert kräftig mit. Zwei Figuren bewegen sich in Mantel und Hut warm verpackt unter eiskaltem Himmel: Heribert Haider, der Schuberts schwermütige Lieder mit warmer Stimme singt, und Dietmar Gamper, der wie ein Schatten des Singenden die poetischen Verse ins Heute übersetzt. Er schimpft, windet sich im Schnee, voller Verbitterung klagt er in derbem Dialekt über seine enttäuschte Liebe, seinen Schmerz.

Spärliche Requisiten, wie leuchtende Bälle als Sonnen, sind in diesem Szenario sehr wirksam. Vor allem aber beeindruckt die Schlussszene, in der der einsame Mensch dem Leiermann ins Dunkel folgt: Ein Hauch von romantischer Todessehnsucht, der in diesem Ambiente besonders eindrucksvoll wirkt. Einsamkeit und Verlorenheit des Liebenden also wirken in der Kälte der Winterlandschaft echt. Der Kontrast zwischen der lyrischen Sprache der Winterreise und Gampers Dialekttext ist hart, überzeugt aber weniger.

Letzterer hätte mehr Zuspitzung vertragen, vor allem fehlt der kabarettistische Doppelsinn, die differenzierte Ausdeutung, der Mehrwert. Interessant und stimmig aber Michl Löschs neu arrangierte Musik: Wie depressiver Balkan-Brass klingt Schuberts Musik, aber wie in jedem besseren Kusturica-Film gelingt es hier, der surrealen Verzweiflung ein Lächeln zu entlocken. Interpretiert wird die Musik – die in reizvollem Gegensatz zu Haiders klassischem Gesang steht – von der Band Revensch mit Michael Lösch (Harmonium), Paulo Trettel (Trompete), Hannes Mock (Posaune) , Helga Plankensteiner (Saxophon) und Enrico Tommasini (Perkussion).

Weitere Auffführungen am 24, 25. Jänner jeweils um 17.00 Uhr am Vigiljoch, Lana. Am 31. Jänner, sowie am 1., 7., 8. Februar im Bergbaumuseum Schneeberg, Ridnau. Kartenreservierung: Vigiljoch, Lana…..Tel. 0473-56 13 33, Bergbaumuseum Schneeberg, Ridnaun…..Tel. 0472-65 63 64

 

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