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Die Unvereinbarkeit

Das Oberlandesgericht hat entschieden: Carla Scheidle darf nicht dem Richtersenat in der Causa Stein an Stein II angehören. Wird sie nun durch Gerichtspräsidentin Elsa Vesco ersetzt?

von Thomas Vikoler

Das Urteil des Oberlandesgerichts unter Vorsitz von Johann Pichler (Beisitzer: Manfred Klammer und Isabella Martin) kommt keineswegs überraschend. Bei der Verhandlung am 18. Dezember hatte sich bereits deutlich eine Tendenz zur Unvereinbarkeit abgezeichnet. Die Unvereinbarkeit von Strafrichterin Carla Scheidle, den Vorsitz im Hauptverfahren Stein an Stein II am Landesgericht Bozen zu führen.

Nun gibt es den Entscheid des Oberlandesgerichts schriftlich: Die vierseitige Begründung dafür, warum die beiden Strafverfahren Stein an Stein I und Stein an Stein II zusammengehören. Und warum Richterin Scheidle nicht in beiden Hauptverfahren vertreten sein darf.

Die Befangenheit Scheidles hatten die Verteidiger der Angeklagten Klaus Stocker, Franz Pircher und Maximilian Rainer aufgeworfen. Pirchers Verteidiger Alessandro Melchionda sprach in Bezug auf seinen Mandanten von einer „eindeutigen Überschneidung“ der beiden Strafverfahren. Auf der einen Seite der Vorwurf gegen Pircher, als Präsident des SEL-Aufsichtsrates den Nicht-Kauf des Kraftwerks in Mittewald unternommen zu haben (dafür wurde er als versteckter Teilhaber der späteren Käuferin Stein an Stein Italia GmbH bereits in zweiter Instanz zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt). Auf der anderen Pircher als indirekter Nutznießer des Beschlusses der Landesregierung vom 29. Juni 2009, mit dem der obere Eisacklauf für Großkraftwerke gesperrt wurde.

Laut Anklage im Verfahren Stein an Stein II profitierte vor allem die Firma Stein an Stein II Italia GmbH und damit ihre verdeckten Teilhaber Pircher, Stocker und Rainer von diesem Beschluss.

Auch die Richter des Oberlandesgerichts kommen nun zum Schluss, dass ein „wirtschaftliches Interesse“ seitens der drei Genannten bestanden haben muss. Deshalb gehörten beide Strafverfahren, die ursprünglich ein- und demselben Akt entstammten, zusammen.

In der Begründung des Entscheids wird auch auf den Verzicht von Strafsektions-Präsident Carlo Busato verwiesen, den Vorsitz in der Causa Stein an Stein II zu übernehmen. Busato hatte bereits das Urteil im verkürzten Verfahren gegen Pircher und Stocker zur Causa Stein an Stein I gesprochen. Eine analoge Position wie jene Scheidles, die den Vorsitz im Hauptverfahren gegen Maximilian Rainer zu denselben Vorwürfen geführt hatte.

Was passiert nun? Richterin Carla Scheidle kündigte an, dass sie die Akten zum Fall Stein an Stein II nun Gerichtspräsidentin Elsa Vesco übergeben werde. Vesco muss nun eine Nachfolgerin, einen Nachfolger Scheidles als Mitglied des Richtersenats bekanntgeben, dem auch Stefan Tappeiner und Andrea Pappalardo angehören. Eine Prozessverzögerung gibt es allemal.

Gut möglich, dass Vesco, die früher einmal als Strafrichterin tätig war, selbst den Vorsitz in diesem letzten der großen Stromprozesse übernimmt. Sehr viele weitere personelle Optionen gibt es nämlich nicht.

 

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